Der französische Regisseur Jean-Marie Straub, der zahlreiche Filme in Deutschland drehte, ist im Alter von 89 Jahren gestorben.
Der 1933 im französischen Metz geborene Straub und seine Frau Danièle Huillet, die bis zu ihrem Tod im Jahr 2006 an allen Filmprojekten mit ihm zusammenarbeitete, zählen zu den bedeutendsten Filmemacher*innen der letzten Jahrzehnte. Sie drehten links-kritische, gleichermaßen politische und poetische Filme, die alle nach literarischen, musikalischen oder bildnerischen Vorlagen entstanden. Die ästhetische Debatte, die Straub-Huillet mit ihrem eigenwilligen Stil auslösten, zählt längst zur Filmgeschichte.
Im Jahr 1958 zog das Paar nach Deutschland, wo es 1962 mit dem Kurz-Spielfilm "Machorka-Muff" für Kontroversen sorgte, einer Heinrich-Böll-Verfilmung über die damals neu gegründete Bundeswehr und die anstehende Wiederbewaffnung Deutschlands. Auch der nächste Film, "Nicht versöhnt oder Es hilft nur Gewalt, wo Gewalt herrscht" (1965), entstand nach einem Roman von Böll, dem Klassiker "Billard um halbzehn". Als er 1965 auf der Berlinale aufgeführt wurde, führte dies erneut zu massiven Kontroversen.
Nach dem preisgekrönten Musik-Historienfilm "Chronik der Anna Magdalena Bach" (DE/IT 1968) drehten Straub-Huillet meist in der Schweiz, Italien, Österreich und Frankreich. Für den kapitalismuskritischen "Klassenverhältnisse" (1984) konnten sie mit Mario Adorf einen veritablen Star für das Ensemble gewinnen. Das breite Publikum konnte sich dennoch nicht für die politisch-kargen Werke des Paares begeistern. Auseinandersetzungen mit Auftrag- und Geldgebern, Fördergremien und Filmbewertungsstellen waren ebenfalls häufig. Die spezielle visuelle Ästhetik ihrer Filme wurde von zahlreichen Kritiker*innen gefeiert, während das theaterhafte Spiel und die "artifizielle" Sprechweise der Figuren beim Kinopublikum meist auf Ablehnung stieß.
Insgesamt umfasst Straubs Filmografie als Regisseur über 50 Titel. Sein letzter Langfilm war "Kommunisten" (FR/CH), der 2014 in Locarno Uraufführung feierte. Einer seiner letzten Kurzfilm, der neunminütige "Où en êtes-vous, Jean-Marie Straub?" (FR 2016), lief im Mai 2017 in Rahmen einer Retrospektive im Kino des DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum Frankfurt.
Am 20. November 2022 starb Jean-Marie Straub mit 89 Jahren in seiner Wahlheimat am Genfersee.