Filmfestival goEast – Die Preisträger

Mit der feierlichen Preisverleihung in der Wiesbadener Caligari FilmBühne ging am Dienstag, 2. Mai, die 17. Ausgabe von goEast - Festival des mittel- und osteuropäischen Films erfolgreich zu Ende. Zwei Preise gingen an das deutsch-georgische Regie-Duo Nana & Simon für "Meine glückliche Familie".

Mehr als 12.000 BesucherInnen sorgten bei dem vom Deutschen Filminstitut veranstalteten Filmfestival für volle Kinos und intensive Lectures, Diskussionen und Talks. Insgesamt wurden in sieben Tagen 111 Filme aus 29 Ländern gezeigt, zum Abschluss wurden Preise im Gesamtwert von 50.000 Euro vergeben.

Die Mitglieder der internationalen Jury - die lettische Regisseurin Laila Pakalniņa (Vorsitz), Produzent Max Tuula (Estland/Russland), Produzentin Sam Taylor (Großbritannien), Schauspieler Jakob Diehl (Deutschland) und Regisseur Igor Drljača (Bosnien und Herzegowina/Kanada) - verliehen die Hauptpreise an "Requiem für Frau J." ("Rekvijem za gospođu J.", Serbien/Bulgarien/EJR Mazedonien/Russland/Frankreich 2017, Regie: Bojan Vuletić), "Meine glückliche Familie" ("Chemi Bednieri Ojakhi", Deutschland/Frankreich/Georgien 2017, Regie: Nana & Simon) und "Sonnenstadt" ("Mzis Qalaqi", Georgien/USA/Katar/ Niederlande 2017, Regie: Rati Oneli).

Festivalleiterin Gaby Babić betont: "Ich freue mich sehr, dass sich der diesjährige Schwerpunkt zu starken Frauenfiguren im Kino und Filmemacherinnen aus Mittel- und Osteuropa auch in den ausgezeichneten Filmen widerspiegelt."

Die goEast-Gewinner im Überblick:

Die Goldene Lilie für den Besten Film ging an "Requiem für Frau J." ("Rekvijem za gospođu J.", Serbien/Bulgarien/EJR Mazedonien/Russland/Frankreich 2017). Die Tragikomödie erzählt von der depressiven Jelena, die sterben will. Regisseur Bojan Vuletić nahm gemeinsam mit Hauptdarstellerin Mirjana Karanović am Dienstagabend den Preis im Wert von 10.000 Euro in Empfang. "Vielen Dank, Frau J., für die Hoffnung die Sie bringen", so die Jury.

Das georgisch-deutsche Regie-Duo Nana & Simon gewann den mit 7.500 dotierten Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie. Ihr Film "Meine glückliche Familie" ("Chemi Bednieri Ojakhi", Deutschland/Frankreich/Georgien 2017), in dem die 52-jährige Manana beschließt, die Familienwohnung zu verlassen und ihr eigenes Leben zu führen, eröffnete das diesjährige Festival. Bereits 2013 erhielten Nana Ekvtimishvili und Simon Gross bei goEast mit "Blütezeit" (in den deutschen Kinos unter dem Titel "Die langen hellen Tage") den Preis für den Besten Film. Die Jury erklärte, der Film "zeigt, wie schwierig es ist, ein Fenster aufzumachen und frische Luft hereinzulassen." Den Preis nahm die georgische Schauspielerin Tsisia Kumsishvili entgegen, die in dem Filme in der Rolle der Tochter Nino zu sehen ist.

Der Dokumentarfilm "Sonnenstadt" ("Mzis Qalaqi", Georgien/USA/Katar/ Niederlande 2017, Regie: Rati Oneli), über die zur Geisterstadt gewordenen Bergarbeitersiedlung Chiatura in Westgeorgien, wurde mit dem Preis des Auswärtigen Amtes für Kulturelle Vielfalt (4.000 EUR) gekrönt und erfasst laut Jury "die außergewöhnliche Widerstandsfähigkeit und Schönheit eines Orts und seiner Einwohner trotz der Farblosigkeit der Stadt, des Jahres und des Jahrhunderts."

Die Jury würdigte mit einer lobenden Erwähnung zudem das lettisch-litauische Kriegsdrama "Im Exil" ("Pelnu Sanatorija", 2016, Regie: Dāvis Sīmanis) mit Ulrich Matthes in der Hauptrolle sowie Hana Jušić virtuoses Spielfilmdebüt "Glotz nicht auf meinen Teller" ("Ne Gledaj Mi U Pijat", Kroatien 2016).

Nana & Simons "Meine glückliche Familie" wurde ebenfalls mit dem von der internationalen FIPRESCI-Jury vergebenen Preis der Internationalen Filmkritik für den Besten Spielfilm ausgezeichnet. Die Jury nannte den Film "ein großes Kinowerk, das ein georgisches Familienleben auf universale und harmonische Art darstellt." Der Preis der Internationalen Filmkritik für den Besten Dokumentarfilm ging an Ivan Ramljaks "Kinoinseln" ("Kino Otok", Kroatien 2016), der cineastische Herzen höher schlagen lässt und laut Jury "mit wenigen Mitteln und einem minimalistischen Stil wunderbar zeigt, wie das Kino Teil der natürlichen Landschaft ist."

Der Frankfurter Künstler Aleksandar Radan gewann in dem von der BHF-BANK-Stiftung geförderten Wettbewerb für Experimentalfilm und Videokunst den Open Frame Award in Höhe von 5.000 Euro für "In Between Identities", in dem das Publikum fast voyeuristisch Spielcharaktere in einer virtuellen Welt betrachtet. Das Werk ist "ein treibender, erfreulich unmoralischer Kommentar auf die Selbstfindungsperformances nicht nur unserer scheinbar perfekten digitalen Spiegelbilder", so die Jury.

Eine lobende Erwähnung erhielt "Exile Exotic" (Großbritannien/Russland 2015, Regie: Sasha Litvintseva), der vom Rand eines Pools aus die exotischen Anfänge des Exils der Filmemacherin erzählt.

Das Projekt "Gilgamesh 4000" (Russland) von Nick Teplov erhielt den vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain ausgelobten goEast Development Award (3.500 EUR) für das beste Pitching beim East-West Talent Lab. "Nick Teplov schafft mit bestechenden Bildern aus unterschiedlichen Kontinenten ein vielschichtiges und kraftvolles Filmgedicht. 'Gilgamesh 4000' hat das Potenzial, ein ebenso berührender wie aufrüttelnder Film zu werden", begründete die Jury.

Außerdem sprach die Jury eine lobende Erwähnung für "Parallels in the Infinity" von der Ungarin Borbála Nagy aus: "Das Projekt legt den Finger in die Wunde aktueller politischer Entwicklungen: Die Zersetzung von Zivilgesellschaft und Demokratie beginnt im Erziehungssystem", so die Jury.

Beim Nachwuchsprojekt OPPOSE OTHERING!, das sich den Ausprägungen gruppenbezogener Ausgrenzung von Menschen widmet, wurden von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) fünf Regie-Tandems mit Produktionspreisgeldern in Höhe von je 4.000 Euro ausgestattet. Die Preisträger sind Oksana Kazmina (Ukraine) und Maxim Cirlan (Moldawien) mit dem Projekt "Antigona", Miona Bogović (Serbien/ Deutschland) und Ana Hoffner (Österreich) mit "The Other Zenit", Zhanna Ozirna (Ukraine) und Aurelia Natalini (Deutschland) mit "Bond", Ion Gnatiuc (Rumänien) und Artiom Zavadovschi (Moldawien) mit "Face to Face", sowie Andreas Boschmann (Deutschland) und Aleksandra Medianikova (Russland) mit "Domashnee Video". Die Tandems kehren 2018 zu goEast zurück und präsentieren dann die Weltpremieren der fertiggestellten Filme.

Die 17. Ausgabe von goEast - Festival des mittel- und osteuropäischen Films fand vom 26. April bis zum 2. Mai statt. Zu den Höhepunkten gehörten die Besuche der international gefeierten Filmemacherinnen Agnieszka Holland, Lana Gogoberidze und Márta Mészáros, der die diesjährige Hommage gewidmet war sowie der bewegende Auftritt von Artur Brauner mit seiner Familie anlässlich der Weltpremiere von "Marina, Mabuse und Morituri - 70 Jahre Deutscher Nachkriegsfilm im Spiegel der CCC" (Deutschland 2017, Regie: Kathrin Anderson). Auf großes Interesse seitens des (Fach-)Publikums stieß das Symposium mit Titel "Feministisch wider Willen - Filmemacherinnen aus Mittel- und Osteuropa".

Quelle und weitere Informationen: www.filmfestival-goEast.de