Mit der feierlichen Preisverleihung im Filmforum NRW im Museum Ludwig erreichte Filmplus – das Festival für Filmschnitt und Montagekunst am Abend des 24. Oktober 2016 seinen Höhepunkt und Abschluss.
Als Novum in seiner 16-jährigen Geschichte wurde der Filmstiftung NRW Schnitt Preis Spielfilm ex aequo für die Montageleistung an zwei der nominierten Spielfilme verliehen. Die Gewinner des mit 7.500 Euro von der Film- und Medienstiftung NRW dotierten Preises sind Vincent Assmann für "Heil" sowie Claudia Linzer und Monika Willi für den österreichischen Beitrag "Thank You for Bombing".
Die Jury, bestehend aus Raphael Beinder (Kameramann), Marek Harloff (Schauspieler), Janina Herhoffer (Editorin, Vorjahrespreisträgerin), Isabel Krolla (Film- und Medienstiftung Nordrhein-Westfalen) und Andrina Mračnikar (Regisseurin und Drehbuchautorin) begründete ihre Entscheidung wie folgt:
"Zwei Filme, die sowohl in ihrer Machart als auch in der Wirkung auf den Zuschauer unterschiedlicher kaum sein könnten – uns jedoch, was die Montageleistung betrifft, gleichermaßen beeindruckt haben. 'Thank You for Bombing' erzählt uns in drei Episoden Krieg aus der Perspektive der Berichterstatter, in Erwartung der nächsten Sensation, über welche es zu berichten gilt. Krieg, der sich weit weg ereignet, oder sogar schon längst in der Vergangenheit liegt – aber immer zerstörerische Spuren hinterlässt. In konzentrierten Porträts strukturieren die Editorinnen den Film in drei Episoden, wobei es ihnen gelingt, den Spannungsbogen über den ganzen Film hinweg zu halten und die einzelnen Stränge geschickt zu einem gemeinsamen Ende zu führen. Die fast absurd anmutende Atmosphäre wird durch die kluge Montage für den Zuschauer physisch spürbar.
'Heil' hat uns beeindruckt, weil es der Montage gelingt, ein großes Ensemble an Figuren und Erzählsträngen nicht nur formal und rhythmisch, sondern auch dramaturgisch in den Griff zu bekommen. Die Montage bewegt sich dabei mit sicherem Timing zwischen satirisch überspitzten, hysterischen Momenten und entschleunigend wirkenden Szenen hin und her – um so Anlauf für das nächste szenische Feuerwerk zu nehmen."
Der mit ebenfalls 7.500 Euro von der Stiftung Kulturwerk der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst dotierte Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm wurde vergeben an Kaya Inan für den Schnitt an dem Dokumentarfilm "Above and Below".
Die Jury um Frank Amann (Kameramann), Susanne Brandstätter (Filmemacherin), Jutta Krug (Dokumentarfilm-Redakteurin des WDR), Carina Mergens (Editorin, Vorjahrespreisträgerin) und Gudrun Sommer (Leiterin des Festivals doxs! dokumentarfilme für kinder und jugendliche) begründete ihre Wahl wie folgt:
"Dem Dokumentarfilm, dessen Montage wir heute Abend auszeichnen, gelingt es, verschiedene Realitätsebenen sinnlich und geradezu explosiv in Bild und Ton aufeinander reagieren zu lassen. Sie entführen uns in eine intensive dokumentarische Kinoerfahrung, die zunächst geradezu fiktional anmutet. Die Räume, in denen sich der Film bewegt, stellt die Montage als rätselhaft vor – sie muten an wie Projektionen, wie Fluchtpunkte von Träumen. Der Schnitt nähert sich behutsam und spiralförmig seinen Protagonistinnen und Protagonisten. Die entfalteten Stimmungswelten ziehen uns in ihren Bann. Selbst dann, wenn wir in die Lebensgeschichten eintauchen, gelingt es der Montage, uns im Schwebezustand zu halten – auch durch das Verweben der Erzählungen der Protagonistinnen und Protagonisten aus dem on und off. Eine Begegnung von innerem mit äußerem Monolog. Uns haben die mutigen Schnittentscheidungen und die Musikalität der Montage überzeugt."
Über die Vergabe des Nachwuchspreises berieten die Jurys des Filmstiftung NRW Schnitt Preis Spielfilm und des Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm gemeinsam. Sie würdigten die Editorenleistung von Anna Grenzfurthner am österreichischen Kurzfilm "Wartezeit" mit dem mit 2.500 Euro dotierten ARRI Media Förderpreis Schnitt, ermöglicht durch das Land NRW und die Deutsche Filmakademie, mit folgender Begründung:
"Wir zeichnen eine Montageleistung aus, deren erzählerische Effizienz beispielhaft ist. Mit minimalen Mitteln wird maximale Intensität von Spannung und Identifikation ermöglicht. Die Editorin schafft es, mit einem ausgeprägten Gefühl für Timing in der kurzen Form, im Zuschauer eine Kettenreaktion an Projektionen und Ängsten auszulösen und so das Potential des Stoffes voll auszureizen."
"Wartezeit" feierte bei Filmplus 2016 seine Weltpremiere.
Ebenso von den Jurys des Nachwuchspreises lobend erwähnt wurde Amaury Berger für die Montage an "Julian" mit der Begründung: "Der Film, dessen Montage wir heute mit einer Lobenden Erwähnung würdigen, hat uns tief berührt. Dem unkonventionellen Porträt gelingt die Verdichtung von Fragmenten, die uns in das fragile Universum des Protagonisten eintauchen lässt."
Den von der GFF Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion mit 3.000 Euro dotierten Geißendörfer Ehrenpreis Schnitt nahm Ursula Höf entgegen.
Filmplus präsentierte vier Tage lang vom 21. bis 24. Oktober 2016 insgesamt 15 nominierte Filme in den Kategorien Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilm begleitet von ausführlichen Gesprächen mit den anwesenden nominierten Editoren und Editorinnen. Neben etablierten Programmsektionen wie u.a. dem diesjährigen Themenschwerpunkt "Kinderfilm und Montage" und der Ursula Höf gewidmeten Hommage fand zum fünften Mal der "Gastland"-Abend statt, in diesem Jahr mit dem französischen Schnittmeister Guy Lecorne als Gast, erweitert um den "European Cut-Walk", in dem Editoren aus fünf europäischen Ländern Schlaglichter auf die jeweiligen Montagebesonderheiten warfen.
Quelle: www.filmplus.de