Der Schnüffler
Zwischen Ost und West
Carla Rhode, Tagesspiegel, Berlin, 19.09.1982
Die Nachricht vom gemeinsamen Filmprojekt Ottokar Runzes und Didi Hallervordens hat in der Branche einiges Erstaunen erregt, denn wer Ottokar Runze als Regisseur so engagierter Filme wie "Im Namen des Volkes", "Verlorenes Leben" und "Stern ohne Himmel" kennen- und schätzengelernt hat, wird sich darüber wundern, daß er jetzt mit dem "Non-stop-Nonsens"-Erzeuger Hallervorden in der Hauptrolle eine Filmkomödie dreht. Doch vielleicht ist diese Kombination für Hallervorden-Kenner noch viel verblüffender, hat sich Runze doch vor einem Jahr immerhin schon mit "Feine Gesellschaft" – beschränkte Haftung" in diesem Genre versucht. An seinen "Lord von Barmbeck", lang lang ist"s her, möchte man in diesem Zusammenhang lieber nicht erinnern. Hallervordens Image als "Spaßmacher vom Dienst" und Autor ziemlich platter Slapstick-Scherze scheint da viel eher festgefahren und auch von seinen beiden Spielfilmen "Ach, du lieber Harry" und "Alles im Eimer" nur bestätigt worden zu sein.
In unserem Gespräch in der "La Vie en Rose"-Bar im Europa-Center, wo zur Zeit gedreht wird gab er auch ganz freimütig zu, wie gerne er endlich den Sprung zum Charakterkomiker schaffen möchte, denn zurück zum Nonsens-Niveau will er nun nicht mehr. Diese Serie, die er heute als "Ausflug in die Klamotte" bezeichnet, hat er von sich aus abgebrochen, weil sie ihn immer weniger befriedigte und das Gefühl, sich nur noch zu wiederholen, schließlich zum Entschluß .führte, dem überstrapazierten TV-Klamauk endlich ein Ende zu bereiten. Dieser Entschluß allerdings kommt jetzt erheblich ins Wanken, denn Hallervorden hat die Nonsens-Serie in die USA verkauft und wird wahrscheinlich den Auftrag .bekommen, dort noch einige Folgen zu drehen. Das veränderte Umfeld, neues Publikum und neue Schauplätze schaffen Bedingungen, die ihn schon wieder reizen, sich noch einmal aufs Niveau der Gags und Ulks am laufenden Band zurückzubegeben.
Ganz fehlen solche Scherze auch im "Schnüffler" nicht, weil Hallervorden clever genug ist, den Wandel zum Schauspieler lieber behutsam zu vollziehen, um gewisse Erwartungen seines Publikums nicht zu verprellen. Das ist sicher ganz im Sinne der Produktion, denn schließlich haben die beiden Drehbuchautoren Hartmann Schmige und Christian Rateuke ("Der Mann im Pyjama") ihm die Rolle auf den Leib geschrieben und einige "Slapstick-Inseln" eingebaut, auf denen Hallervorden so wiederzufinden ist, wie ihn jeder kennt. Die Frage, ob und wie er seine Darstellungsweise verändert habe, beantwortet er nur zögernd, hofft aber facettenreicher als sonst zu sein und mit weniger überzogenen Ausdrucksmitteln übergehende Wirkungen zu erreichen.
Er spielt in diesem Film, erlebt eher als unbescholtener Berliner Taxifahrer ein turbulentes Abenteuer, weil er sich plötzlich als Hauptfigur an einem aufregenden Agenten-Scharmützel zwischen Ost und West wiederfindet KGB und CIA glauben in ihm jeweils einen Top-Agenten der anderen Seite gefunden zu haben und setzen ihm gleichermaßen nach, um einen rätselhaften Mord zu sühnen. Ihm bleibt nichts weiter übrig, als selber Ermittlungen zu führen. Dabei gerät er in die Mühlen der Psychiatrie, aus denen ihn eine ebenso liebevolle wie attraktive Ärztin wieder befreit, die dann auch das richtige Mittel kennt, um aus dem eher ängstlichen als heldenhaften Taxifahrer einen rächenden Superman zu machen.
Ottokar Runze bedauert zwar, daß anspruchsvollere Filme zur Zeit nicht finanzierbar sind, doch bewegt er sich als Regisseur dieser Gag-Komödie so ruhig und sicher wie eh und je und fühlt sich dabei sogar offensichtlich wohl. Ihm machen die Dreharbeiten viel mehr Spaß, als er vorher gedacht hat, was er dem guten Drehbuch und seiner "Super-Besetzung" zuschreibt. Neben Hallervorden spielen Catherine Alric – sie hat in de-Broca-Filmen mitgewirkt und dreht zum erstenmal in der Bundesrepublik –, Tilo Prückner, Siegfried Wischnewski, Utz Richter, Eddie Constantine, Martha Modi und Gustl Bayerhammer. Starttermin wird der Februar 1983 sein.