Summary
Two Lives
Europe 1990, the Berlin wall has just crumbled: Katrine, raised in East Germany, but now living in Norway for the last 20 years, is a “war child”; the result of a love relationship between a Norwegian woman and a German occupation soldier during World War II. She enjoys a happy family life with her mother, her husband, daughter and granddaughter. But when a lawyer asks her and her mother to witness in a trial against the Norwegian state on behalf of the war children, she resists. Gradually, a web of concealments and secrets is unveiled, until Katrine is finally stripped of everything, and her loved ones are forced to take a stand: What carries more weight, the life they have lived together, or the lie it is based on?
Source: German Films Service & Marketing GmbH
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Im Gegenteil: Die Deutsche, die seit vielen Jahren als Gattin des Marineoffiziers Bjarte Myrdal und Mutter der heranwachsenden Anne in einem anheimelnd-gemütlichen, idyllisch am Wasser gelegenen Holzhaus im norwegischen Bergen lebt, sieht ihre Familie, ihre Liebe, kurz: ihr Glück bedroht. Sie muss befürchten, dass ihre wahre Identität auffliegt, da die Stasi in den letzten Wochen der untergehenden DDR rein technisch nicht in der Lage war, Akten im großen Stil zu vernichten. Und weil es vielleicht noch Zeugen von damals gibt, als sie Insassin im Kinderheim „Sonnenschein“ war.
Von dem nur noch ein verblichenes Schild neben der Eingangstür zeugt. Katrine durchmisst leere Schlafräume mit Dutzenden von Bettgestellen, erinnert sich an früher (Klara Manzel verkörpert sie als Kind). Das stete Gurren der Tauben zeugt von den neuen Bewohnern der verwaisten Räume. Von einem alten Hausmeister erfährt sie, dass alle Heim-Unterlagen nun im Leipziger Archiv lagern. Die ihr ein so netter wie argloser Mitarbeiter unkontrolliert überlässt. Sodass Katrine alle Verweise auf die einzige noch lebende Zeugin, die Heimschwester Hiltrud Schlömer, eliminieren kann. Diese arbeitet, hochbetagt aber noch rüstig, in einer Wäscherei und kann sich noch gut an das „Norwegen-Mädchen“ erinnern, das 1969 von Hiddensee aus mit dem Boot „rübergemacht“ hat.
Aber damit noch nicht genug: ein norwegischer Rechtsanwalt mit deutschen Wurzeln, Sven Solbach, ist Katrine hartnäckig auf den Fersen. Ist sie doch seinen Recherchen nach das einzige bekannte ehemalige Kind aus dem Trondheimer Lebensborn-Heim, gezeugt von einem deutschen Besatzungsoffizier, der an der Ostfront umgekommen ist, dass, nach einer dramatischen Flucht aus der DDR über die Ostsee nach Dänemark, seine leibliche norwegische Mutter, Ase Evensen, gefunden hat – und nun ganz in ihrer Nähe lebt. Solbach bereitet eine Anhörung in Bergen durch Juristen des Internationalen Gerichtshofes vor, welche vorrangig die Frage nach Anerkennung durch den deutschen Staat und Entschädigungszahlungen thematisieren soll.
Katrine blockiert jeden Kontaktversuch Solbachs und weiß sich schließlich keinen anderen Rat, als Kontakt mit ihrem einstigen Führungsoffizier Hugo aufzunehmen. Die Stasi-Connection funktioniert noch, unterhält immer noch und selbst in Norwegen „Kundschafter des Friedens“. Doch auch die können nicht verhindern, dass das Netz von Lügen und Geheimnissen zusammenbricht. Als der Anwalt einen zwanzig Jahre alten deutschen Fernsehbeitrag entdeckt, in dem eine junge Frau namens Kathrin Lehnhaber verzweifelt ihre norwegische Mutter sucht, kann Ase Evensen erstmals in das Gesicht ihrer wirklichen Tochter blicken. Und eine gewisse Vera Freud fährt im Volvo zum Osloer Flughafen, im Gepäck ein One-Way-Ticket via Frankfurt/Main nach Kuba...
„Zwei Leben“ nach dem seinerzeit noch unveröffentlichten Romanmanuskript „Eiszeiten“ von Hannelore Hippe ist erst der zweite Spielfilm des auch in Berlin lebenden Aachener Dokumentaristen Georg Maas nach „NeuFundLand“ (2003): Ein packender, emotional aufwühlender Thriller, dessen Geschichte sich in einer Vielzahl von Rückblenden über knapp einhundert Minuten Steinchen für Steinchen wie ein Mosaik zusammensetzt.
In „Zwei Leben“ erhält die Frage nach Wahrheit und Lüge durch die besondere Familiensituation eine zusätzliche Dimension: Katrine ist Täterin und Opfer zugleich – als Spionin für die vermeintlich gerechte Sache, den Sieg des Sozialismus, und als liebende Gattin und Mutter. Die Tragik geradezu antiken Ausmaßes sprengt jedes Schwarz-Weiß-Schema - und die phantastischen Darsteller, allen voran Juliane Köhler, Liv Ullmann und Sven Nordin, verleihen der zweisprachig auf Deutsch und Norwegisch (jeweils mit englischen Untertiteln) erzählten Geschichte ein Höchstmaß an Authentizität. Die TV-Erstausstrahlung erfolgte am 23. Juli 2015 in der ARD.
Pitt Herrmann