Gallery
All Pictures (5)Credits
Director
Screenplay
Director of photography
Editing
Cast
- Stein
- Sara
- Laura
- Josi
- Mephisto
Production company
Producer
All Credits
Director
Assistant director
Screenplay
Scenario
Script editor
Director of photography
Assistant camera
Still photography
Set design
Set construction
Prop master
Make-up artist
Costume design
Editing
Sound
Audio mixing
Cast
- Stein
- Sara
- Laura
- Josi
- Mephisto
Production company
Producer
Unit production manager
Location manager
Original distributor
Shoot
- 28.08.1990 - 01.11.1990: Potsdam, Berlin, Rom
Duration:
2978 m, 109 min
Format:
35mm, 1:1,66
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:
Zensur (DE): 27.08.1991, ab 16 Jahre / feiertagsfrei
Screening:
Kinostart (DE): 19.09.1991, Berlin, Filmbühne am Steinplatz
Titles
- Originaltitel (DD DE) Stein
Versions
Original
Duration:
2978 m, 109 min
Format:
35mm, 1:1,66
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:
Zensur (DE): 27.08.1991, ab 16 Jahre / feiertagsfrei
Screening:
Kinostart (DE): 19.09.1991, Berlin, Filmbühne am Steinplatz
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Der entsetzte Stein schmeißt nicht nur die Generalprobe, er verlässt aus Protest überhaupt das Theater, sodass sich Susanne Böwe als intrigante ältere Tochter Regan einen neuen Bühnen-Vater suchen muss. Seit 1968 lebt Stein in seiner Wilhelmsruher Villa am Stadtrand von Berlin in ständiger Hörweite eines Truppenübungsplatzes. Wo zwanzig Jahre später beinahe rund um die Uhr geschossen wird: die Unruhen vor allem unter jungen Leuten und den nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns noch in der DDR gebliebenen Intellektuellen haben nicht nur Polizei, Stasi und NVA, sondern auch die sowjetischen Waffenbrüder nervös gemacht.
Eines Nachts stehen zwei blutjunge russische Soldaten vor seiner Tür, offenbar aus der Kaserne geflohen. Doch Stein, der sonst allen möglichen und, was nicht nur deren Kleiderordnung betrifft, unmöglichen jungen Leuten Asyl gewährt vor staatlichem Zugriff, versagt ihnen den Zutritt in sein Haus. Eine Kurzschlusshandlung, die er schon wenig später bereut, als Sara (die 18-jährige Abiturientin und spätere Regisseursgattin Franziska Herold glänzt in ihrer ersten Hauptrolle) fragend vor ihm steht: seine zwanzigjährige Geliebte hat mit Uwe 'mal wieder einen Kurzzeit-Freund einquartiert, auf den der physisch und psychisch gebrechliche Hausherr natürlich eifersüchtig ist.
Stein lebt ganz gut damit, als etwas wirr im Kopf zu gelten in der Nachbarschaft und besonders bei seiner Haushälterin, Frau Reinhard (Margit Bendokat). Kinder wie die kleine Laura, deren Vater Stein noch auf der Bühne erlebt hat, und Jugendliche wie der Energetiker (Alexander Hetterle) lieben diesen Clown und umsorgen ihn auf geradezu rührende Weise – vom kollektiven Gläserputzen bis zum Brikettschaufeln. Was auch nötig erscheint, denn die so unkonventionell denkende wie attraktive Sara hat an dem Alten zwar buchstäblich einen Narren gefressen, gerade auch aus politischen Gründen, denkt aber gar nicht daran, ihre Freiheit aufzugeben.
Im Gegenteil: Sie gehört wie andere Gleichaltrige zu einer Generation von „1969ern“, die mit dem bürokratischen Realsozialismus in der DDR nichts zu tun haben will. Sie wehrt sich gegen staatliche Repression, indem sie das FDJ-Blauhemd gegen ein punkiges Outfit tauscht, indem sie vorzugsweise an den Balaton trampt statt im Feriencamp allmorgendlich beim Fahnenappell stramm zu stehen oder indem sie für demokratische Freiheiten demonstriert. Was Sara und ihren Aktivisten-Freunden regelmäßig blaue Flecken und blutige Nasen einbringt – und anderen längere Werkhof- wenn nicht gar Gefängnisaufenthalte.
Ernst Steins Villa ist so zum Zufluchtsort geworden, an dem nicht nur hemmungslos getrunken und geraucht und unter freiem Himmel gefeiert, sondern auch kontrovers diskutiert werden kann, etwa über die Reformfähigkeit des SED-Sozialismus, wenn einer ihrer Freunde der diesbezüglich rigorosen Sara widerspricht: „Es soll nicht alles vor die Hunde gehen.“ Stein selbst beteiligt sich an solchen Debatten nicht, sondern zieht sich, was man auch als innere Emigration beschreiben kann, in seine eigene Traum-Welt zurück. Die vor allem aus einer Frau namens Elvira besteht, die im unerreichbaren Rom lebt. Dann klirren plötzlich die Gläser auf dem Tisch: offenbar schweres militärisches Gerät wird nach Berlin verlegt.
Als Sara ohne wie sonst üblich eine Nachricht zu hinterlassen verschwindet, sucht Stein sie in Berlin – und wird Zeuge, wie im Innenhof der Stasi-Zentrale an der Normannenstraße junge Demonstranten misshandelt werden. Als die Mauer gefallen ist, kommen mit Christine Berg (Katja Paryla) und dem Fotografen Klaus (Uwe-Dag Berlin) Abgesandte der Akademie der Künste nach Wilhelmsruh, um Steins wie erhofft kritischen Aufzeichnungen zwecks Publikation abzuholen. Aber die berüchtigte Grüne Mappe besteht nur aus leeren Seiten. Um sich solchen Zumutungen zu entziehen, will Stein sich selbst anzünden. Doch die Jugendlichen haben den Braten gerochen und das Benzin in beiden Kanistern mit Wasser vertauscht. Als sein Land, die DDR, aufhört zu existieren, stirbt auch Ernst Stein.
Erich Guskos Kamera zeigt den Toten in seiner letzten Rolle: Im schwarzen Fiaker des Pompes Funebres geht es zum Katzenfüttern ins Colosseum und anschließend, begleitet von einem Carabinieri (Elia Pietro) als Todesengel, dem Egon Günther seine Synchron-Stimme verleiht, zu Fuß über die Via Appia Antica zu den Katakomben, in denen einst die Christen gefoltert wurden: Stein wird noch im Jenseits vom schlechten Gewissen geplagt, den beiden jungen russischen Deserteuren nicht geholfen zu haben...
Egon Günther, der Gegenwartsstoffe realisieren wollte, aber nur politisch unverfängliche Literaturadaptionen realisieren konnte, siedelte 1978 in die Bundesrepublik über, wo er bis auf „Rosamunde“ nur Fernsehfilme drehen konnte. Nach zwölf durchaus erfolgreichen, künstlerisch aber, wie er selbst bekundete, „verlorenen Jahren“ ist er nach der Wende wieder in seine Heimat, die Babelsberger Studios, zurückgekehrt – um seinen vielleicht außergewöhnlichsten, leider aber auch letzten Film vor der Zerschlagung der Defa zu drehen: „Stein.“
In der Hauptrolle dieses Requiems auf die Möglichkeiten ideologiefreier Arbeit unter alten sozialistischen oder neuen kapitalistischen Bedingungen der grandiose Berliner Bühnen-Schauspieler Rolf Ludwig, mit dem Günther 1992 noch „Lenz. Ich aber werde dunkel sein“ drehte. Seine furios gespielte Hypnose-Szene mit Jaecki Schwarz als Volkspolizist im Innenhof der Stasizentrale gehört zu den grandiosen szenischen Einfällen, mit denen der Regisseur immer wieder den Realismus seines Films aufbricht. Auch andere dieser optischen Verfremdungseffekte bleiben in Erinnerung, so das gemeinsame Planschen Steins mit der kleinen Laura in der Badewanne oder die „Faust“-Rezitation auf dem Klo mit der jungen Anne Ferse als Mephisto.
Rolf Ludwigs Stein spricht den zentralen Satz: „Es ist etwas Gemeines, wenn Menschen fallen und Paradiese verloren gehen.“ Solch' ein Paradies ist Steins idyllisch im Grünen gelegene Villa für Sara, die sich mit dem 1968er Protest des Schauspielers identifiziert und hofft, an seiner Seite die Angst vor dem eigenen spurlosen Verschwinden zu verlieren. Solch' ein Paradies ist für Stein das klassische Sehnsuchtsland der Deutschen, wo die Zitronen blühen.
Pitt Herrmann