Summary
Roots Of Life
Germany 1949: Veteran soldier Erich feels like a stranger after his return to his homeland, which in the meantime has become a new Federal Republic. Through Erich and his children’s and grandchildren’s generations, we experience the milestones in the history of the Federal Republic of Germany: his wife has a lover, in order to promote the “economic miracle” a garden gnome factory is built, his son becomes a poet, but it’s his son’s wife who is far more talented, and his grandson, strengthened by the Group 47 and free love, is surprisingly capable of finding the only one, true love and becomes a cheerful and good person in a country of narcissists, petty bourgeoisie, and former Nazis. And even Erich is moved, despite his frustration, to acts of greatness.
Source: German Films Service & Marketing GmbH
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Nicht, dass Elisabeth das „Monster“ draußen auf dem Rasenstück zwischen den Siedlungshäusern, wo normalerweise frisch gewaschene Kleidung im Wind trocknet, nicht sogleich erkannt hätte: es ist Erich Freytag, ihr Gatte, der aus langjähriger russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt ist. Ein Schatten seiner selbst, auch noch ein stinkender. Den frau am liebsten noch nicht einmal mit der Kneifzange angefasst hätte vor dem ausführlichen Wannenbad.
Hier aber liegen die Dinge anders, weshalb sich nur der kleine Sohn Klaus dem ihm noch völlig fremden Vater unbefangen nähert: Erichs so zynische wie mondäne Schwester Marie hat sich nicht nur bei Elisabeth und dem Jungen eingenistet, sondern gleich auch im Ehebett einquartiert. „Soll ich dir nicht ein Bad einlassen?“: Bis diese so einfache wie selbstverständliche Frage der stocksteifen Elisabeth über die stummen Lippen kommt, vergehen zwei Tage, in denen Erich vorübergehend das Weite sucht. Und dann bricht der unerschrockene Klaus das Eis, in dem er „Papi“ einen Becher Kaffee zum Aufwärmen bringt.
In der fränkischen Provinz herrscht zu Beginn der 1950er Jahre Aufbruchstimmung. Mit seinem inzwischen heranwachsenden Sohn Klaus baut Alt-Nazi Erich seine Porzellanwaren-Fabrik wieder auf – zunächst mit dem einzigen noch intakten Brennofen und einem guten Dutzend leistungsbereiter Frauen, die teilweise aus dem Osten vertrieben wurden und häufig ihre Männer im Krieg verloren haben. Es gibt viel zu tun, aber noch wenig zahlungskräftige Abnehmer. Erst mit der Währungsreform und der Einführung der D-Mark wendet sich das Blatt – und mit einem genialen Schachzug: Erich, der auch daheim reinen Tisch gemacht und seine Schwester Marie vor die Tür gesetzt hat, verlegt sich auf die Produktion von Gartenzwergen.
Mit denen er rasch ein Teil des westdeutschen Wirtschaftswunders wird, obwohl die Produktionsbedingungen hier im unterfränkischen Steinach, in der Grenzregion zur Sowjetischen Besatzungszone, die als Absatzmarkt nun nicht mehr in Frage kommt, schwierig bleiben. Erich, dem der einstige sozialistische Gegner Erwin in der Anfangszeit noch ein fürchterliches Gebiss aufdrücken konnte in Ermangelung zeitgemäßer zahntechnischer Mittel, glänzt nun mit neuen Beißerchen und einem gut gefüllten Bankkonto. Sein Sohn Klaus ist längst der Vorarbeiter-Rolle entwachsen und soll als sozusagen geborener Nachfolger in die Rolle des Junior-Chefs wachsen.
Wir schreiben die 1960er Jahre, die Zeit des großen gesellschaftlichen Umbruchs in der allmählich erwachsen gewordenen „Bundesrepublik“ ist angebrochen. Klaus beginnt nicht wirklich ein Studium in Köln. Er träumt von einer großen Schriftstellerkarriere und in der Tat steht sein Name bald in der Zeitung – als junger, hoffnungsvoller Autor. In der Boheme-Szene der Domstadt macht er die Bekanntschaft einer Landsmännin aus Nürnberg, der aufreizend attraktiven, aber auch sehr egomanischen Gisela Ellers. Als der „skeptische Realist“, wie sich Klaus selbst einschätzt, ihre Sartre-Fangfragen mit Bravour beantwortet, steht einer Liaison mit der verwöhnten, aber was das Literarische betrifft auch hochtalentierten Unternehmerstochter nichts mehr im Weg.
Höchstens ihre fürchterlichen Eltern, aber jetzt weiß Klaus wenigstens, woher Gisela ihren Hang zur Überheblichkeit, zur penetranten Selbstdarstellung und zur öffentlichen Provokation hat. Ihr Gegenbesuch in der Gartenzwerg-Produktionsstätte endet zwar in einem Scherbenhaufen, zeitigt aber wenige Wochen später erfreuliche Folgen: Gisela ist schwanger. Wäre jetzt eine gute Gelegenheit, erwachsen zu werden – für beide Elternteile. Aber das wird ihnen aus den Händen genommen: Die Ellers' kaufen ihrer Tochter nicht nur eine neue, schicke Wohnung für das neue Familienglück, sondern richten sie ganz selbstverständlich auch nach eigenem Geschmack ein.
Und zwar in West-Berlin, der Frontstadt des Kalten Krieges, aus der inzwischen das Mekka der 1968er Boheme geworden ist. Und nun kommt erstmals der Erzähler, der bisher aus dem Off so wunderbar ironisch die Geschichte seiner Familie kommentierte, ins Bild – als Baby: Robert, der Enkel Erich Freytags. Er liegt in besagter Nobel-Neubauwohnung auf dem Bauch und krabbelt unter dem Schreibtisch, an dem sein Vater Klaus an der Schreibmaschine tippt und pausenlos Zigarettenrauchwolken ablässt. Ein ungesundes Klima, das für den Vierjährigen oder den 15-Jährigen nicht besser werden wird, auch wenn er die Berliner Luft dann längst verlassen hat, weil seine Eltern zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Seine lange Odyssee durch die eigene Familie und in die unterschiedlichsten Orte der Republik, zu der bald auch Italien, das erste Sehnsuchtsland der zu neuem Wohlstand gekommenen Deutschen gehört, ist erst zu Ende, als Robert als junger Erwachsener seine große Jugendliebe wiederfindet...
Das melancholisch-ironische Familien- und Gesellschaftsepos „Quellen des Lebens“ ist parallel zu Oskar Roehlers autobiographischem, 600 Seiten umfassenden Roman „Herkunft“ entstanden und am 19. Juli 2014 in der ARD erstausgestrahlt worden.
Pitt Herrmann