Summary
It′s the rock ′n′ roll era in Germany – the lust for life and rebellion are in the air. Lulu, the daughter of a bankrupt factory owner, falls in love with the handsome but penniless black man Jimi. The inhabitants of the conservative small town are horrified, and especially Lulu′s mother tries to stir up the prejudices in her friends to fight against this unwanted love affair. She orders her chauffeur Schultz and her doctor von Oppeln to do everything they can to spoil the lovers′ happiness. But Lulu and Jimi won′t let anybody or anything get in their way! They live and love on the run, always one step ahead of their pursuers. Until they fall into a trap …
Oskar Roehler on his latest film, which celebrated its world premiere at the Sundance Film Festival: "Lulu & Jimi is a love story and gangster story. A love story pulsing with a huge amount of energy, where there are no limits – the first really big love, with all the pain and overwhelming feelings of happiness, but also with the anxieties. That′s adventure, that′s freedom. These are terms that nowadays you only hear in advertising, but actually they should have a place in the cinema. I′ve been longing for this fairytale-like, enchanted world, where everything is possible and people are innocent, where there′s good and evil, where there are dangers and crime, and death lies in wait around the corner. That′s cinema for me. I love melodrama, I like love stories."
Source: 59. Internationale Filmfestspiele Berlin (Catalogue)
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Lulu (umwerfende Leinwandpräsenz: Deutschland-Debut der 25jährigen französischen TV-Schauspielerin Jennifer Decker), höhere Tochter einer inzwischen bankrotten Fabrikantenfamilie, verletzt sich bei einem harmlosen Autoscooter-Aufprall leicht an der Oberlippe. Ein Fall für Jimi (der Londoner Royal Shakespeare Company-Schauspieler Ray Fearon bei seinem Deutschland-Debut), den Hilfsarbeiter des Schaustellerbetriebes: Beide blicken sich tief in die Augen.
Was Folgen haben sollte, auch wenn Lulu zunächst einmal von ihrem Bruder Richard im schwarzen Firmen-Daimler samt Chauffeur Schultz heimgeholt wird. Zur Villa mit Pool und Bar, vor allem aber zu Muttern und ihrem pinkfarbenen Pudel. Denn Gertrud, die schon ganz nervös an ihrer Zigarettenspitze zieht, hat einen Anruf von Ernst erhalten. Er will den Abend noch vorbeikommen und seine Zukünftige ins Autokino entführen. Da darf sich „die wunderbarste Frau in ganz Schweinfurt“ nicht herumtreiben, schließlich soll die Hochzeit mit dem Sohn steinreicher Industrieller die offenbar nicht nur finanziell zerrüttete Familie sanieren.
Doch die 19-Jährige hat nur noch Augen für den blendend aussehenden, wenn auch mittellosen Amerikaner, der nicht nur mit einem sanften Gemüt punktet, sondern auch noch singen und tanzen kann - und seinen Shakespeare kennt. Was in der Partygesellschaft, in die Lulu ihn einführt, sogleich Aggressionen und Wut auslöst. Die bei Richard so eskaliert, dass er eine Schlägerei mit Jimi anzettelt und unsanft landet – für den Rest seines Lebens im Rollstuhl. Der Skandal schlägt hohe Wellen in den Medien, aber vor Gericht sagt Lulu die Wahrheit – und zugunsten ihres Freundes aus.
Beide verbindet inzwischen mehr als heißer Sex im Cabrio: traumatische Kindheitserlebnisse. Lulu hat vor zehn Jahren mit ansehen müssen, wie sich ihr Vater und einstige Weiberheld Karl entmannt hat – nach entsprechender Hypnosebehandlung durch den zwielichtigen, unter dem Einfluss ihrer Mutter stehenden Psychologen Dr. von Oppeln. Und Jimi wäre beinahe von seinem eifersüchtigen Vater, einem US-Soldaten, der im Krieg einen Arm und im Frieden seine Gattin verlor, erschossen worden, hätte ihn nicht ein zufällig vorbeikommender deutscher „Daddy Cool“ gerettet...
Jimi und Lulu fahren kurzerhand nach Hamburg: Die beiden Schiffskarten für die Übersee-Passage nach New York sind schon bezahlt. Doch Josephine, eine arg lädierte Anhalterin, und Mutter Gertrud im Verein mit von Oppeln, Schultz und dem Stalingrad-Veteran Harry Hass machen den beiden einen gehörigen Strich durch die Rechnung...
Oskar Roehler hat sich mit „Lulu & Jimi“ einen auch autobiographisch grundierten Traum erfüllt: Der Regisseur ist bei seinen Großeltern mütterlicherseits aufgewachsen: Auf dem Briefkopf des Großvaters stand „Siemensdirektor“ und dessen Gattin „war eine kleine, auf Madame gemachte Frau, die unglaublich viel Zeit damit zugebracht hat, ihre Frisur in Form zu bringen und das Haus einzurichten – natürlich in völliger Frustration, weil die Ehe schon seit 20, 30 Jahren nicht mehr funktionierte. Das ganze vermuffte 'fränkische Barock'-Idyll inklusive nierenförmigem Swimmingpool“, so Roehler im X-Verleih-Presseheft.
Diesen Traum haben sich Roehler und seine Ko-Produzenten einiges kosten lassen, angefangen von einer bis in kleinste Episodenrollen hochkarätigen Besetzung für die versprochene „unterhaltsame, schwungvolle Mischung aus Lovestory und Gangstergeschichte, in der das Verlangen nach Freiheit und Liebe oberstes Gesetz ist.“ Dabei herausgekommen ist freilich ein Konglomerat disparater Teile. Zum einen eine Hommage an die aus heutiger Sicht sehr eingeschränkten filmästhetischen Mittel des Nachkriegskinos, an die Technicolor-Künstlichkeit, an große Roehler-Vorbilder wie „Romeo und Julia“, „West Side Story“ und „Wild at Heart“. Zum anderen eine krude Mischung aus poetischer Love Story mit ganz reizenden Wolken-Herzchen am Himmel und unverzeihlich-abstoßenden Gewaltszenen, garniert mit abstrusem Okkultismus und einem dann doch noch versöhnlich stimmenden Märchenfinale, dass hier freilich nicht verraten werden kann.
Oskar Roehler im Presseheft: „Vielleicht ist ‚Lulu & Jimi‘ auch wirklich eine Hommage an David Lynch, der für mich das vielleicht größte Vorbild unter den lebenden Regisseuren ist. Er versteht es, auf eine Art und Weise, die humorvoll, aber auch sehr sexy ist, von zwei Menschen zu erzählen, die bedingungslos loslegen, auf die Barrikaden gehen, um ihre Liebe leben zu können ohne wenn und aber.“
Pitt Herrmann