Summary
Lotte In Weimar
On a late summer′s day in 1816, Charlotte Kestner, widow of a privy councillor, and her daughter arrive in Weimar and take lodgings at the inn "Zum Elephanten". Mager, the smart, well-read waiter, identifies Charlottes as "Lotte" from The Sorrows of Werther, an early work by Goethe. Mager has nothing more urgent to do than spread this interesting
novelty all over Weimar, which leads to many visitors turning up at the
inn to visit "Lotte": Dr. Riemer, who has a love-hate relationship with
the genius Goethe, Adele Schopenhauer, a bright, self-confident woman,
Goethe′s son August, and many others. These visitors prepare Charlotte
for the forthcoming visit by the famous poet himself.
This encounter,
however, takes a very different course from what she expected. The
small world of Charlotte and the big, cosmopolitan world of Goethe
hardly have any points of contact. Although the friend of her youth is
attentive, polite and considerate, Lotte is taken aback by his aloof
and distanced manner towards her ...
Source: German films Service & Marketing GmbH
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Das Filmprojekt Egon Günthers, das mit viel publizistischem und wie in der DDR üblich großem politisch-ideologischem Tamtam begleitet wurde, war „die“ Haupt- und Staatsaktion der Defa im Thomas Mann-Jahr (zum 100. Geburtstag des Schriftstellers am 6. Juni 1975) und die Wahl der Kulturfunktionäre fiel nicht zufällig auf Egon Günther, der Mitte der 1970er Jahre der auch international bekannteste Filmemacher des Arbeiter- und Bauernstaates war. Er hatte, sowohl was das Ausstattungsbudget als auch die Besetzungswünsche betreffen, völlig freie Hand und konnte, da „Lotte in Weimar“ ein Prestigeprojekt ersten Ranges war – der „Defa-Film des Jahres 1975“ lief als erste DDR-Produktion überhaupt bei den Filmfestspielen in Cannes – die Titelrolle mit dem West-Star Lilli Palmer besetzen. Um sie herum stand die erste Garde der DDR-Schauspieler vor der Kamera: Martin Hellberg, Rolf Ludwig, Hilmar Baumann, Jutta Hoffmann, Katharina Thalbach, Monika Lennartz, Dieter Mann, Annemone Haase, Klaus Manchen und Thomas Thieme.
Ein „lehrreiches Beispiel für die künftige filmische Gestaltung historischer Episoden und Figuren“, wie Peter Ahrens in der führenden DDR-Kulturzeitschrift „Weltbühne“ schrieb, ist Egon Günthers „Lotte in Weimar“ allerdings nicht geworden. Ich sah den am 6. Juni 1975 im Berliner „International“ uraufgeführten Film seinerzeit in Adlershof noch vor der Cannes-Aufführung am 13. Mai 1975 und den vernichtenden Kritiken westlicher Blätter („Personenkult mit Propaganda-Goethe“ titelte der Spiegel 45/1975) allein vor dem Hintergrund der enthusiastischen DDR-Stimmen („Ein Film ganz aus dem Geist Thomas Manns“, Horst Knietzsch in „Neues Deutschland“, 9. Juni 1975) - und war umso bitterer enttäuscht.
Egon Günthers Gratwanderung zwischen Klamotte und Satire, ab 31. Oktober 1975 auch in den bundesdeutschen Kinos zu sehen, mag in ihrer dramaturgischen Freizügigkeit für die Geschichte des DDR-Films ein Meilenstein gewesen sein, seine völlige Überzeichnung der Personen, allen voran Rolf Ludwig als Mager, Hilmar Eichhorn als junger Goethe, Thomas Neumann als Ferdinand, aber auch Lilli Palmer als Lotte, werden einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Vorlage Thomas Manns nicht gerecht, sondern führen eher zu unfreiwilliger Lächerlichkeit. Die feine Ironie der tragikomischen Aspekte dieses literarischen Meisterwerks gehen in Egon Günthers opulentem Kostümschinken völlig unter. Zu oberflächlich streifte der Regisseur den Vater-Sohn-Konflikt der Goethes, die Stellung des Dichters zur preußisch-napoleonischen Auseinandersetzung, die neudeutschen Literaturzirkel und das Dreiecksverhältnis zwischen Adele, Ottilie und Ferdinand.
Auch Lilli Palmer ist von dieser Kritik nicht auszunehmen. Sie ist herausragender, ja konstituierender Teil einer insgesamt sehr lauten und poltrigen Literaturverfilmung, deren Klamauk die Zuschauer auch von der einzigen sensiblen, „Mannschen“ Sequenz ablenkt, in der die Palmer endlich ihre mimische Ausdruckskraft und ihre schauspielerische Erfahrung offenbaren konnte: Lottes nächtliche Fahrt im Wagen Goethes zum „Elephanten“. Immerhin bleibt Jutta Hoffmann in Erinnerung, die „spielte die große Palmer geradezu an die Wand“ (Volker Baer in „Der Tagesspiegel“, 15. November 1975) in der Rolle der Adele Schopenhauer. Schon bei den Dreharbeiten in Weimar gabs Lob von Lilli Palmer: „Ich wusste also, dass in der DDR genauso gute Schauspieler sind wie drüben in Westdeutschland. Ich weiß nicht, wen ich da herausheben soll. Ich kann mir im Augenblick niemanden denken drüben, den ich mit der Jutta Hoffmann vergleichen könnte - in Können, Technik und der Jugend, die sie doch noch hat.“
In der Erinnerung bleiben außerdem eindrucksvolle Landschaften und bedeutende Baudenkmäler: So mutiert „Lotte in Weimar“, vielleicht sogar von der Staatsführung so gewollt, zum touristischen Weimar-Werbestreifen zur Musik von Gustav Mahlers „Sechster“, eingespielt vom Gewandhaus-Orchester Leipzig unter Václav Neumann. Lilli Palmer 1975 in einem Interview mit der DDR-Zeitschrift „Treffpunkt Kino“: „Es gehört ein ungeheurer Mut dazu, ein Thema von solch philosophischen Dimensionen anzupacken. Und ein Goethestoff, von Thomas Mann geschrieben – das klingt sehr hochgestochen. Aber Günther hat es hervorragend gelöst. Da sind all die lebendigen Figuren, die junge Lotte, der August, die Ottilie. Es gibt so viel Farbe in diesem Film, so viele Geschichten.“
Pitt Herrmann