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Alle Fotos (15)Biografie
May Spils (eigentlich Maria-Elisabeth Maier-Spils), wurde am 29. Juli 1941 im niedersächsischen Twistingen geboren und zeigte sich schon in ihrer Schulzeit besonders kunstaffin. Nach Abschluss ihres Abiturs besuchte sie die Berlitz Sprachschule, arbeitete einige Zeit in Hamburg als Auslandskorrespondentin einer Werbeagentur und nahm später Schauspielunterricht in Bremen. Sie gründete eine Studiobühne, die allerdings nach zwei missglückten Produktionen schließen musste. Für kurze Zeit lebte sie in Paris und schrieb einen Roman, ein Theaterstück sowie mehrere Kurzgeschichten, die sie jedoch nie zur Publikation freigab.
1962 zog May Spils schließlich nach München-Schwabing. Hier betätigte sie sich in diversen Branchen, unter anderem als Fotomodel und als Schauspielerin in kleinen Rollen. In München traf sie auf ihre späteren Mitwirkenden Henry van Lyck, Klaus Lemke, Peter Schamoni und Werner Enke. Zusammen mit Enke konzentrierte sie sich ab 1963 auf das Filmemachen und drehte mehrere Kurzfilme von denen "Porträt" (1965), in dem sie Drehbuch, Regie und eine Rolle übernahm, einen Preis bei der Mannheimer Filmfestival gewann. Die "Neue Münchner Gruppe" der Schwabinger Szene machte sich einen Namen mit dem "Schwabinger Lebensgefühl", welches zum Kern von Spils' Produktionen werden sollte. Die Haltung wurde mitunter als "Konterrevolution" bezeichnet, konkret "eher Verweigerung als Aktionismus, eher verspielt als wütend" (Sterneborg 2011: "Die unerreichte Lässigkeit von Schwabing"). Das "Schwabinger Lebensgefühl" umfasste die Ablehnung von Verantwortung, das Zelebrieren des "Gammelns" und Flirtens, und lässt sich als Anti-Bürgertum verstehen.
Enke, welcher zum Star in Spils' Kino werden sollte, verkörperte die Szene authentisch, sodass er und van Lyck zu lebenden Vorbildern ihrer ersten Langfilm-Charaktere wurden. Spils beschreibt in einem Artikel das Entstehen des ersten Drehbuches zu "Zur Sache, Schätzchen" (1968) wie folgt: "Ich freundete mich mit diesen beiden Typen an, ich traf sie immer öfter – es machte mir Spaß sie zu beobachten. (…) Immer stärker setzte sich in mir der Gedanke fest, daß diese beiden Jungen mit ihrer doch recht merkwürdigen Einstellung zu dem, was man gemeinhin als Leben bezeichnet, eigentlich filmreif sind. (…) beide bewegten sich immer ein bisschen an der Realität vorbei." (Spils: "Meine Beiden Typen", Film-Telegram, Nr 50/67). Durch "Zur Sache, Schätzchen" wurde Enke zur Ikone des Saloppen, zum "Sprücheklopfer" (Bayer 1973: "Aus Schwabing emigriert"), er brachte die Nonkonformität von Spils' Vision auf die Leinwand.
1968 erhielt sie für die Dialoge in "Zur Sache, Schätzchen" zusammen mit Werner Enke den Bundesfilmpreis als Filmband in Gold. 1970 wurde sie mit Enke mit dem Ernst-Lubitsch-Preis für ihren zweiten Langfilm, das Sequel "Nicht fummeln, Liebling" (1970) ausgezeichnet. Trotz zweideutigem Dialog und lasziven Blicken gehören Spils' Filme dabei nicht zu dem Sexploitation-Genre: Zwar wird vordergründig Sex und Erotik angespielt, aber explizit wird es nie. Der Filmwissenschaftler Christian Albrecht Gollub schreibt in seinem Essay "May Spils and Werner Enke: Beyond Pure Entertainment?", dass Spils' Filme aus "unadulterated entertainment" und minimalen "sexual content" (in Phillips 1984: 304-305) bestehen. Erotisch ist es an der Oberfläche, im Kern steht der Missmut gegenüber dem Biedermeier-Zeitgeist.
Ihre Spielfilme verschafften Spils innerhalb Deutschlands schnell Ikonenstatus. Sie wurde zur ersten kommerziell erfolgreichen Frau der Neuen Deutschen Filmwelt und zog auch im Ausland Aufmerksamkeit auf sich. Nach 1970 drehte Spils drei weitere Filme, darunter "Hau drauf, Kleiner" (1974) und "Wehe, wenn Schwarzenbeck kommt" (1978). Ihre Art zu Filmen blieb dabei stets besonders und geprägt durch Improvisation. Teils arbeitete sie ohne Dialogvorgaben und ließ Enke und seinen Filmpartnerinnen freie Hand beim Spielen. Die Anti-Establishment-Gesinnung und der Slapstick zogen sich wie ein roter Faden durch ihre Filme, so auch durch ihre letzte Komödie "Mit mir nicht, du Knallkopp" (1983), nach der sich Spils gänzlich aus der Filmindustrie zurückzog.
Anfang der 1990er-Jahre zogen May Spils und Werner Enke, ihr Lebensgefährte auch jenseits der Leinwand, schließlich aus Schwabing weg, wo es ihnen zu bürgerlich und konservativ geworden war.
Autorin: Miriam Sterna
Dieser Text wurde im Rahmen des Masterstudiengangs "Filmkultur - Archivierung, Programmierung, Präsentation" erstellt, der von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Deutschen Filminstitut gemeinsam angeboten wird.