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Als Freiwilliger engagiert sich der 20-jährige Andriy Suleyman für die Hilfsmissionen des Roten Kreuzes in den ostukrainischen Kriegsgebieten. Vor seinem Leben in Luhansk ist er als Neuntklässler mit seiner Familie aus Syrien geflohen, die nun über Europa und Asien verstreut lebt. Doch der Krieg ist ihm in sein neues Leben gefolgt.
Regisseurin Alina Gorlova begleitet Andriy in ihrem zweiten langen Dokumentarfilm, sowohl bei seinen Hilfseinsätzen in der Ostukraine, als auch dabei, wie er seinen Bruder anlässlich dessen Hochzeit in Deutschland besucht oder einen Onkel im Iran wiedertrifft. Erst der Tod seines Vaters Lazgin führt Andriy wieder in seine Heimat Syrien. Indem Gorlova diese Elemente des dokumentarischen Porträts mit experimentellen schwarzweiß Landschaftsaufnahmen und abstrakten Bildern einer Gesellschaft im Krieg verbindet, gelingt ihr eine feinsinnige wie bewegende Reflexion über das Wesen des Krieges.
Quelle: Filmfestival goEast 2021
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Zwei. Trotz der zunehmend gewalttätigen Auseinandersetzungen bleibt die Familie, zu der auch Andriys jüngerer Bruder Arseniy gehört, in der Region Luhansk. In der Stadt Lyssytschansk droht eine humanitäre Katastrophe, dennoch veranstaltet das Rote Kreuz ein folkloristisch gerahmtes Konzert. Im Schatten paradierender Soldaten, verwundeter Kämpfer und vertriebener Flüchtlinge versucht die Bevölkerung den Anschein eines normalen Lebens aufrechtzuerhalten.
Drei. Im Führungsfahrzeug eines Rotkreuz-Hilfskonvois, der durch die winterliche Ostukraine fährt, wird über den Krieg in Syrien gesprochen. Andriy, dessen Eltern hoffen, dass ihr Ältester zur Fortsetzung seiner Ausbildung das Land verlässt, bringt Lebensmittel, Decken, sogar kleine Öfen und Gewächshäuser zu den zumeist alten Menschen im militärischen Sperrgebiet. Die Kamera Vyacheslav Tsvetkovs begleitet den Alltag des betagten Ziegenhirten Khan.
Vier. Vater Lazgin Suleyman (Schreibweise im Abspann: Suleiman), ein gläubiger Muslim, spricht über Internet mit Familienangehörigen in Aleppo. „Explosionstechniker“ benennt der Untertitel ironisch einen Konvoi von Panzern und Granatwerfern. Fünf. CSD-Parade in Hamburg. Andriy ist zur Hochzeit seines Bruders Arseniy ins „gelobte Land“ gereist, will dort aber gegen den Willen seines Vaters nicht bleiben. Sechs. Lazgin Suleyman chattet mit seinen Angehörigen im Irak. Die raten ihm aufgrund des andauernden Krieges dringend dazu, in der Ukraine zu bleiben.
Sieben. Andriy zieht es nach sieben Jahren in Europa zurück in den Nahen Osten. Besucht erstmals den befreiten, selbstverwalteten Teil Kurdistans, wo sein Onkel, der Massagetherapeut und Doktor Mizgin, verletzte Soldaten behandelt. Obwohl er herzlich empfangen und gebeten wird, zu bleiben, will Andriy weiter nach Syrien. Doch nach starken Regenfällen ist die Brücke über den Grenzfluss unpassierbar.
Acht. Archaik trifft Neuzeit. Schafe weiden unter gewaltigen Überland-Stromleitungen. Neun. Leichenwaschung. Vater Lazgin ist gestorben, sein Körper wird offenbar über einen türkischen Flughafen mit dem Wagen nach Syrien überführt. Das halbe Dorf begleitet die Familienangehörigen, unter ihnen auch Andriy, zur Bestattung in einem Feld weit draußen. Null. Schafherde an einem Fluss, dahinter ein Kraftwerk. Blick über Dortmund und in die Bochumer U-Bahn. Andriys Onkel Lazgin ist mit Familie in Deutschland. CSD-Parade in Hamburg. Im Gleichschritt marschierende Soldaten. Folklore-Tänzerinnen: Alle Orte, verbunden durch die Hauptmetapher Wasser, verschmelzen wie die Menschen zu einer Person.
Alina Gorlova ist gebürtige Ukrainerin und hat ihren Abschluss an der Karpenko Kary Kyiv National University of Theatre, Film & Television gemacht. Die Regisseurin und Filmeditorin im jip-Presseheft über „Der Regen wird niemals enden“: „In diesem Film beobachte ich die große Familie von Andriy Suleyman, die wegen des Krieges über die ganze Welt verstreut ist. Ein Teil von ihnen versucht dem Krieg zu entkommen, aber ein anderer Teil taucht direkt in den Konflikt ein. Diese Gegensätze zeigen uns unsere Welt als einen Siedepunkt, an dem sich Krieg und Frieden vermischen, Liebe und Hass ihre Paraden feiern und ohne einander nicht existieren können. Mittendrin versucht Andriy Suleyman sein Gleichgewicht und seinen Weg im Leben zu finden.“
Die 104-minütige Dokumentation „This Rain Will Never Stop“ arbeitet mit statischen Bildern in Schwarzweiß, welche den geographischen Raum ebenso verwischen wie die privaten und militärischen Szenen. Die Nummerierung der zehn Teile von Null bis Null entspricht dem Kreislauf von Krieg und Frieden, von Leben und Tod.
Pitt Herrmann