Anna Gmeyner
Anna Gmeyner wurde am 16. März 1902 als Tochter eines Rechtsanwalts in Wien geboren. Sie studierte für kurze Zeit in Wien und heiratete den Biologen Berthold Wiesner. Aus der Ehe ging 1925 die Tochter Eva Wiesner hervor, die später unter dem Namen Eva Ibbotson Kinderbücher veröffentlichte.
In diesem Zeitraum zog Gmeyner nach Berlin, wo sie an Bühnen beschäftigt war und Übersetzungen anfertigte - u. a. übersetzte sie Martha Ostensos' "Wild Geese" (1925) ins Deutsche.1926 siedelte Gmeyner mit ihrer Familie nach Schottland um. Dort betätigte sie sich als Reporterin; so recherchierte sie bei einem Bergarbeiterstreik - auch unter Tage - um die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bergleute und ihrer Familien besser kennenzulernen. Sie verarbeitete ihre Erfahrungen in dem Theaterstück "Heer ohne Helden" (1929), mit dem sie in Deutschland als Schriftstellerin bekannt wurde.
Ende der 20er Jahre trennten sich Gmeyner und Wiesner und sie kehrte nach Berlin zurück. Dort pflegte sie Kontakt zu Größen der Berliner Kulturszene wie Bertold Brecht, Ernst Toller und Erwin Piscator, in dessen Theaterkollektiv sie tätig wurde. G. W. Pabst lernte sie über Gerbert Rappaport kennen, der zu dieser Zeit Regie-Assistent bei Pabst war. Es kam zur Mitarbeit an den Drehbüchern mehrerer Pabst-Filme; so soll Gmeyner an "Kameradschaft" - der Ähnlichkeiten zu "Heer ohne Helden" aufweist -, an "Don Quichotte" (1932/33) und "Du haut en bas" (1933) mitgewirkt haben, wird aber in den Stabangaben nicht erwähnt.
1931 erschien Gmeyners Stück "Zehn am Fließband". Den Höhepunkt ihrer Schriftstellerinnenkarriere stellte die Veröffentlichung des Stücks "Automatenbüfett" 1932/33 dar. Die Machtergreifung durch die Nazis erlebte sie im Ausland. Sie pflegte dort Umgang mit Filmschaffenden wie Berthold Viertel, Sybille Binder und Paul Falkenberg, mit dem sie an dem Filmexposé "La route sans fin" (nicht realisiert) arbeitete.
In dieser Zeit heiratete Anna Gmeyner den Religionsphilosophen Jascha Morduch, mit dem sie 1934 nach England ging. Sie war unter dem Pseudonym Anna Reiner vermutlich an den Drühbüchern der Roy Bouling Filme "Pastor Hall" (1940), "Dawn Guard" (1941) und "Thunder Rock" (1942) beteiligt. 1938 veröffentlichte sie in Amsterdam den faschismuskritischen Roman "Manja. Ein Roman über 5 Kinder", der in Deutschland verboten wurde. Ihr Exilroman "Café du Dôme" sollte ebenfalls dort erscheinen, was durch den Einmarsch der deutschen Wehrmacht in den Niederlanden verhindert wurde.
Gmeyner lebte in den Folgejahren zurückgezogen. Sie war nach dem Tod ihres Mannes unter dem Namen Anna Morduch nochmals literarisch tätig, knüpfte aber nicht an ihre Drehbucharbeit an. Anna Gmeyner verstarb 1991 im englischen York.
Autor: Rüdiger Erdmann