Gerhard Scheumann
Gerhard Scheumann, geboren am 25. Dezember 1930 im ostpreußischen Ortelsburg, besucht während des Dritten Reichs eine der NaPoLa-Eliteschulen der Nazis. Nach dem Abitur im Jahr 1949 beginnt er als Journalist für die Zeitschrift "Thüringer Volk" zu arbeiten. Schon bald geht er auf Anraten eines Kollegen nach Berlin, wo er eine Stelle als Autor und Politredakteur beim Berliner Rundfunk findet. Im Anschluss ist er von 1953 bis 1955 an der Weimarer Fachschule für Rundfunkwesen als Dozent tätig. Es folgen sieben Jahre als Redaktionsleiter des Ressorts Kulturpolitik und Wissenschaft beim Deutschlandsender.
Im Jahr 1962 bekommt Scheumann einen Posten als Redakteur beim Deutschen Fernsehfunk (DFF). Hier zeichnet er als Initiator, Autor und Moderator für mehrere erfolgreiche Formate verantwortlich, darunter das vergleichsweise kritische, innenpolitische Magazin "Prisma". Dennoch kehrt Scheumann nach nur drei Jahren dem DFF den Rücken, da er die Arbeitsbedingungen als zu "politisch eingeschränkt" betrachtet – eine Haltung, die er auch in einem Papier mit dem Titel "Prisma Testament" zum Ausdruck bringt.
1965 lernt Scheumann den Dokumentarfilmer Walter Heynowski kennen – der Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit. Mit über 70, zum Teil preisgekrönten Werken avancieren die beiden zu den bedeutendsten und filmhistorisch prägendsten Dokumentarfilmern der DDR. 1969 gründen sie mit "H&S" sogar ihr eigenes Dokumentarfilm-Studio (für DDR-Verhältnisse ein bemerkenswertes Privileg), durch das sie auch international immer bekannter werden. Bei Kritikern stoßen die Arbeiten des Duos allerdings häufig auf zwiespältige Reaktionen: Einerseits als intensive Studien gelobt, wirft man den Filmen immer wieder vor, mit unlauteren Mitteln antiwestliche und antikapitalistische Propaganda zu betreiben – sehr deutlich kommt diese Machart etwa in den Arbeiten "Piloten im Pyjama – 1. Teil: Yes, Sir" (1968), "Der Krieg der Mumien" (1974) oder "Ein Vietnamflüchtling" (1979) zum Tragen.
1982 fällt Gerhard Scheumann beim DDR-Regime in Ungnade, als er eine regierungskritische Rede beim Kongress des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden hält: Das "H&S"-Studio wird aufgelöst und in die DEFA integriert, man entzieht Scheumann den Reisepass. Erst ab 1986 dürfen Scheumann und Heynowski wieder weitgehend ungehindert ihrer Arbeit nachgehen und ihre Filme erneut unter ihrem Signet "Werkstatt H&S" veröffentlichen.
Bis zur Auflösung der "H&S"-Film im Jahr 1991 (im Zuge der DEFA-Auflösung) realisieren die beiden Regisseure eine Reihe weiterer, viel beachteter und umstrittener politischer Dokumentarfilme, darunter "Kamerad Krüger" (1988) über einen in der BRD lebenden ehemaligen SS-Sturmbannführer.
Von 1969 bis 1972 ist Scheumann außerordentliches, von 1972 bis 1991 dann ordentliches Mitglied der Akademie der Künste, Berlin (Ost) in der Sektion Darstellende Kunst. Von 1974 bis 1978 und von 1986 bis 1991 fungiert er als Sekretär der Sektion Darstellende Kunst der Akademie der Künste, Berlin (Ost).
Am 30. Mai 1998 stirbt Gerhard Scheumann in Berlin an den Folgen eines Krebsleidens.
Die Ausstattung dieser Personenseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.