Haro Senft
Haro Senft, geboren am 27. September 1928 in Budweis (Böhmen, heute České Bodĕjovice), war nach dem Besuch der Oberschule in Prag von 1943 bis 1945 Luftwaffenhelfer und nach Kriegsende ein Jahr zivilinterniert. 1949 nahm er ein Studium an der "Akademie für Bühne, Film und Rundfunk" in Wiesbaden auf und arbeitete bis 1950 als Assistent bei Spielfilmproduktionen. Ab 1954 drehte Senft eigene Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme als Produzent und Regisseur.
Seit den späten Fünfzigern engagierte sich Senft politisch für den Film: 1957 gründete er gemeinsam mit Herbert Vesely und Heiner Braun die filmform OHG und veröffentlichte mit seinen Mistreitern den Aufruf "filmform – Das dritte Programm" zur Etablierung einer künstlerischen Filmproduktion in Deutschland. 1959 war er Mitbegründer und Vorstand der Gruppe "DOC 59 – Gruppe für Filmgestaltung", im Februar 1962 Mitinitiator und Mitautor des "Oberhausener Manifests". Im Juni des gleichen Jahres gründete er mit 13 anderen Mitgliedern der "Oberhausener Gruppe" die "Stiftung junger deutscher Film", aus der 1965 das "Kuratorium Junger deutscher Film" hervorging. 1965 Mitgründung der "Arbeitsgemeinschaft Neuer Deutscher Spielfilmproduzenten" und Vorstandsmitglied, später auch im "Deutschen Dokumentar- und Kurzfilmverband" und der "Export-Union des Deutschen Films".
1965/66 drehte Senft die abendfüllende Dokumentation "Ein Anlass zum Sprechen" über die Prager Filmakademie FAMU und den jungen tschechischen Film im Vorfeld des "Prager Frühlings", in dem zahlreiche spätere Berühmtheiten wie Milos Forman, Vaclav Havel und Jiri Menzel zu Wort kamen. Mit "Der sanfte Lauf " (1966/67) und "Fegefeuer" (1969 –1971) folgten zwei Spielfilme, die das politische und gesellschaftliche Klima der ausgehenden 1960er Jahre reflektierten.
Ab 1971 gab Haro Senft seine filmpolitischen Funktionen auf und widmete sich überwiegend der Regie und Produktion von Kinderfilmen, beispielsweise für die ZDF-Serie "Rappelkiste". 1978 war er Mitgründer des "Fördervereins Deutscher Kinderfilm" und bis 1998 auch Mitglied des Kuratoriums. Von 1980 bis 1984 leitete er in Südamerika, Asien, Afrika und Europa Seminare über "Kinder und Medien" für das Goethe-Institut, für das er 1990 und 1991 auch einige Filme drehte. Seine Münchner Firma Haro Senft Filmproduktion war u.a. an Doris Dörries "Im Innern des Wals" und Tevfik Basers "Lebewohl Fremde" beteiligt.
Senft hat zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen erhalten. So wurde sein Dokumentarfilm "Kahl" 1962 als erster deutscher Kurzfilm für den Oscar nominiert, 1964 erhielt Senft für "Auto Auto" den Deutschen Filmpreis. Der Spielfilm "Ein Tag mit dem Wind" errang 1978 den Preis für den besten ausländischen Film des Kinderfilmfestivals in Giffoni, Italien. 2002 wurde Haro Senft zum Ehrenmitglied der "Arbeitsgemeinschaft Neuer Deutscher Spielfilmproduzenten" ernannt.
Haro Senft starb am 4. Februar 2016 im Alter von 87 Jahren.