Walter Heynowski
Walter Heynowski, geboren am 20. November 1927 in Ingolstadt, wurde im Zweiten Weltkrieg erst Flakhelfer, dann Wehrmachtsoldat. Er geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde in Bad Kreuznach interniert. Nach dem Kriegsende und seiner Freilassung nahm er Ende 1945 in Tübingen ein Studium der katholischen Theologie auf, wechselte dann aber zur Volkswirtschaftslehre und arbeitete als Volontär, dann Redakteur bei der linken Reutlinger Jugendzeitschrift "Die Zukunft". 1948 ging er nach Berlin und wurde zunächst Redakteur bei der "Berliner Zeitung", ab 1949 war er Chefredakteur der Satire-Zeitschrift "Frischer Wind", die 1953 in "Eulenspiegel" umbenannt wurde, und gründete 1954 den "Eulenspiegel-Buchverlag". Ab 1956 arbeitete er beim Deutschen Fernsehfunk, zuerst als Autor, Regisseur und redaktioneller Leiter der Sendereihe "Zeitgezeichnet", dann bis 1963 als Programmdirektor und stellvertretender Intendant. In dieser Funktion brachte er das Sandmännchen ins DDR-Fernsehen - mit der von Gerhard Behrendt gestalteten Figur.
Ab 1959 drehte Heynowski Dokumentationen, die vor allem das Fortwirken der nationalsozialistischen Vergangenheit thematisieren, insbesondere in der westdeutschen Gegenwart: So entlarvte er in "Aktion J" (1961) den bundesrepublikanischen Staatssekretär Joseph Maria Globke als einen Mitverantwortlichen des Holocaust. Von 1963 bis 1969 war Heynowski Autor und Regisseur im DEFA-Studio für Dokumentarfilme, wo er 1965 Gerhard Scheumann kennenlernte, mit dem er fortan eng zusammenarbeitete: In 25 Jahren drehten sie gemeinsam mehr als siebzig Dokumentarfilme. Ihre Arbeiten waren dabei stark ideologisch geprägt. Trotz verdienstvoller Auseinandersetzung mit wichtigen Themen und genauer Recherchen sind die Filme häufig von politischer Polemik gezeichnet. Der kapitalistische Westen und sein "Imperialismus" stehen dabei stets am Pranger - im Gegensatz zum heilbringenden Sozialismus der Sowjetunion und der DDR. Heynowski bekannte später selbst: "Ich war ein kalter Krieger".
Einen internationalen Erfolg feierten Heynowski und Scheumann mit "Der lachende Mann" (1966), einem Gespräch mit dem skrupellosen Söldner "Kongo-Müller", der glaubte, das entlarvende Interview westdeutschen Journalisten zu geben. In "Piloten im Pyjama" (1968) zeigten die Dokumentarfilmer in vier Teilen amerikanische Piloten in vietnamesischer Kriegsgefangenschaft und interviewten sie über ihre Aufträge und Einsätze, die Haftbedingungen sowie zu ihrem Weltbild.
1969 gründeten Heynowski und Scheumann ihr eigenständiges Studio "H & S", das zugleich ihr Markename wurde, und arbeiteten mit einem festen Stamm an Mitarbeitern. 1982 wurde das Studio jedoch nach einer SED-kritischen Rede Gerhard Scheumanns aufgelöst und wieder in das DEFA-Studio für Dokumentarfilme integriert. In den unabhängigen Jahren entstanden Filme über Chile und den Putsch General Pinochets (zum Beispiel "Krieg der Mumien", 1974, und "El Golpe Blanco – Der weiße Putsch", 1975), den Vietnamkrieg ("Die Teufelsinsel", 1976) und Kampuchea und das Regime der Roten Khmer ("Die Angkar", 1981).
Mit dem Film "Die Generale" (1986) über ehemalige NATO-Befehlshaber erhielten Heynowski und Scheumann wieder die Erlaubnis, ihr eigenes Signet "H & S" zu verwenden. Einer ihrer erfolgreichsten Filme der folgenden Jahre war "Kamerad Krüger" (1988), der den ehemaligen SS-Sturmbannführer Walter Krüger porträtiert und das Fortleben nationalsozialistischen Gedankenguts in der Bundesrepublik zeigt. Auch hier gaben sich die Regisseure bei Interviews als westdeutsche Journalisten aus. Weitere Arbeiten über die NS-Vergangenheit waren "Die Lüge und der Tod" (1988) und "Der Mann an der Rampe" (1989). Mit dem Ende der DEFA 1991 wurde auch die Werkstatt von Heynowski und Scheumann aufgelöst.
Walter Heynowski war Mitglied der Akademie der Künste der DDR und mehrfach Nationalpreisträger sowie von 1967 bis 1990 Vorstandsmitglied des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR. Unter dem Titel "Der Film meines Lebens. Zerschossene Jugend" veröffentlichte er 2007 seine Memoiren. Im November 2024 erschien mit "Mäander der Erinnerungen - Generation im Abendlicht" der zweite Teil dieser Biografie. Heynowski lebte zuletzt in Berlin, wo er am 6. November 2024 starb.
Die Ausstattung dieser Personenseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.