Alexander Korda
Alexander Korda wurde als Sándor László Kellner am 16. September 1893 in Pusztatúrpásztó, Ungarn, geboren. Nach dem Tod des Vaters, der Aufseher auf einem gräflichen Gut war, zog Korda 1909 nach Budapest, um Geld für die Unterstützung der Familie zu verdienen. Er arbeitete als Journalist und begann 1912 Zwischentitel und erste Scripts für Filme zu schreiben. Zu dieser Zeit änderte er auch seinen Familiennamen: den neuen Namen Korda leitete er vom lateinischen "sursum corda" ("Empor die Herzen") ab.
Im Jahr 1914 startete er die Filmzeitschrift Pesti Mozi ("Budapester Kino") und drehte seinen ersten eigenen Film. Nach einer Reihe weiterer, erfolgreicher Regiearbeiten gründete er die Corvin Film, die schnell zu einem der größten Produktionsstudios Ungarns avancierte. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Zusammenbruch der Donaumonarchie wurde Korda 1918 von der Bürgerlich-Sozialdemokratischen Károlyi-Regierung zum Kommissar für Filmangelegenheiten ernannt; diese Position behielt er auch 1919 in der sozialistischen Räterepublik unter Béla Kun: als "Direktor für Filmkunst" war er für die Verstaatlichung der Filmindustrie zuständig.
Nach dem Sturz der kurzlebigen Räteregierung im August 1919 kam Korda in Haft. Seine Frau, die angehende Schauspielerin Maria Korda, konnte jedoch seine Entlassung erwirken. Die beiden reisten nach Wien aus, wo Alexander Korda mit einer Verfilmung von Mark Twains "Prinz und Bettelknabe" (1920) seinen Einstand als Regisseur gab. In den nächsten Jahren drehte er aufwändige und erfolgreiche Filme für die Sascha-Film AG des Grafen Sascha Kolowrat-Krakowsky, etwa "Herren der Meere" (AT 1922) und "Eine versunkene Welt" (AT 1922). Der Monumentalfilm "Samson und Delila" (AT 1922) war mit einem Budget von zwölf Millionen Kronen einer der teuersten Filme jener Zeit; in der weiblichen Hauptrolle besetzte Korda seine Frau Maria.
1923 ging Korda nach Berlin, wo er seinen Vornamen Sándor zu Alexander änderte. Hier drehte er mit seiner neu gegründeten Produktionsfirma mehrere erfolgreiche Filme, meist mit seiner Frau in der Hauptrolle: so etwa "Tragödie im Hause Habsburg" (1924), über den Mayerling-Fall, und "Madame wünscht keine Kinder" (1926). Schließlich wurde auch Hollywood auf ihn aufmerksam: Noch vor der Premiere von "Eine Dubarry von heute" (1927), mit Hans Albers und Marlene Dietrich, nahm Korda ein Angebot der First National Pictures an.
In den USA gelangen ihm mit "The Stolen Bridge" und "Her Private Life" (beide 1927) beachtliche Erfolge. Bei "Night Watch" (1928) und "Love and the Devil" (1929) näherte er sich dem Tonfilm an: sie enthielten Geräusche und Musik, aber keine Dialoge. "The Squall" (1929) war Kordas erster vollständiger Tonfilm. Seine Ehe geriet derweil in die Krise, da Maria beim Tonfilm aufgrund ihres starken Akzents keine Angebote mehr bekam. 1930 ließ das Paar sich scheiden.
Korda drehte zwei weitere Tonfilme für First National, bevor diese von Warner Bros. übernommen wurde, "Her Private Life" (1929) und "Lilies of the Field" (1930). Doch die Arbeit in Hollywood frustrierte ihn: er entwickelte eine starke Abneigung gegen das Studiosystem und hoffte, genug Geld zu sparen, um nach Europa zurückzukehren und dort im großen Stil Filme zu produzieren. Allerdings machten ihm sein verschwenderischer Lebenswandel und der Wall Street Crash im Oktober 1929 einen Strich durch die Rechnung.
1930 folgte Korda seinem Produzenten Ned Marin zur Fox Film Corp., für die er "Women Everywhere" realisierte. Danach bot man ihm eine Reihe von Drehbüchern an, die er jedoch alle ablehnte. Schließlich ließ er sich dazu bewegen, die romantische Komödie "The Princess and the Plumber" (1930) zu drehen. Kordas Widerwillen führte zu Konflikten mit den Studiobossen – und zu seiner Rückkehr nach Europa.
Er ging nach Frankreich, wo er zwei Filme für die Paramount inszenierte, darunter "Die Männer um Lucie" (US 1931) mit Liane Haid in der Titelrolle. Ein größerer Erfolg gelang ihm mit "Marius" (FR 1931), nach dem Bühnenstück von Marcel Pagnol, mit dem französischen Star Raimu in der Titelrolle. Es folgten die schwedische Produktion "Längtan till havet" (1932) und, erneut in Frankreich, "Zum goldene Anker" (1932) mit Albert Bassermann.
1932 zog Korda nach London und gründete seine eigene Produktionsfirma London Films. Mit "The Private Life of Henry VIII" (1933) landete er einen gewaltigen Erfolg. Das Historiendrama wurde für den Oscar als Bester Film nominiert, etablierte Korda international und machte Charles Laughton zum Star. Die weibliche Hauptrolle spielte seine spätere Ehefrau Merle Oberon (1939-1945). Weitere Erfolge als Produzent waren unter anderem "The Scarlet Pimpernel" ("Die scharlachrote Blume", GB 1934, Regie: Harold Young) und "The Ghost Goes West" ("Ein Gespenst geht nach Amerika", GB 1935, Regie: René Clair).
1936 gründete Korda die Denham Film Studios, mit denen er seinen Status als eine beherrschende Persönlichkeit der britischen Filmindustrie festigte. Zu seinen zahlreichen Produktionen gehören "Rembrandt" (GB 1936, auch Regie), mit Charles Laughton, und "Fire Over England" (GB 1937, Regie: William K. Howard), der erste gemeinsame Film von Sir Laurence Olivier und Vivien Leigh. Große Kassenerfolge waren nicht zuletzt die Abenteuerfilme seines Bruders Zoltan Korda, etwa die Kipling-Verfilmung "Elephant Boy" (GB 1937), die Sabu berühmt machte, "The Drum" ("Gefahr am Doro-Paß", GB 1938, erneut mit Sabu) und "The Four Feathers" ("Vier Federn", GB 1939).
Während der Produktion das überaus aufwändigen Fantasy-Abenteuerfilms "The Thief of Bagdad" ("Der Dieb von Bagdad") ging Korda wegen der Kriegsgefahren (und finanzieller Schwierigkeiten) in die USA und ließ das Werk dort fertigstellen. Dies führte dazu, dass am Ende sechs Regisseure beteiligt waren (neben dem ursprünglich engagierten Deutschen Ludwig Berger auch Michael Powell und Korda selbst). Bei den Oscars gewann der Film die Preise für die Beste Kamera, das Beste Szenenbild und die Besten Spezialeffekte. Auch an den Kinokassen war er ein Welterfolg; heute gilt "Der Dieb von Bagdad" als einer der größten Klassiker des Fantasy-Films.
In den USA produzierte und inszenierte Korda mehrere Filme, darunter "That Hamilton Woman" ("Lord Nelsons letzte Liebe", 1941) mit Olivier und Leigh. Er brachte Zoltan Kordas "Jungle Book" ("Das Dschungelbuch", US 1942) auf den Weg und war an Ernst Lubitschs "To Be or Not to Be" ("Sein oder Nichtsein" US 1942) beteiligt – beides ebenfalls Klassiker.
Im September 1942 wurde Korda als erste Persönlichkeit der Filmwelt vom Englischen Königshaus zum Knight Bachelor ("Sir") geschlagen. Nach Kriegsende kehrte er nach England zurück, als Produktionschef der MGM-London mit einem hochdotierten Zehn-Jahres-Plan – allerdings endete der Vertrag wegen herber Verluste nach nur einem Jahr und nur einem Film.
Über seine Firma London Films erwarb Korda Mehrheitsanteile an der British Lion Films. Die Oscar-Wilde-Adaption "An Ideal Husband" ("Ein idealer Gatte", 1947) war seine letzte Regiearbeit. Als Produzent blieb er indes aktiv. Zu seinen berühmtesten Produktionen der späten Jahre gehören Julien Duviviers "Anna Karenina" (1948), Carol Reeds epochaler Agentenfilm "The Third Man" ("Der dritte Mann", 1949) und David Leans "The Sound Barrier" ("Der unbekannte Feind, 1952).
Am 23. Januar 1956 erlag Sir Alexander Korda, der nach seiner Flucht nie wieder sein Geburtsland Ungarn besucht hatte, in London einem Herzinfarkt.