Alice Agneskirchner
Alice Agneskirchner wurde 1966 in München geboren und wuchs am Tegernsee auf. Nach einem Studium der Theaterwissenschaft, Politikwissenschaft und Volkskunde arbeitete sie als Regieassistentin am Landestheater Salzburg. Zudem reiste sich durch Asien und Nordamerika, wo sie sich unter anderem mit Jobs als Bergführerin, Cowgirl und Buchhändlerin ihren Lebensunterhalt verdiente.
Zurück in Deutschland begann sie 1989 noch vor der Wende ein Gaststudium an der Hochschule für Film und Fernsehen 'Konrad Wolf' in Potsdam-Babelsberg, in der damaligen DDR; dies wurde durch den damaligen Direktor Lothar Bisky ermöglicht. Nach dem Mauerfall im Oktober 1989 konnte sie das Studium nahtlos fortsetzen und 1994 abschließen. Ihr Abschluss-Dokumentarfilm "Rauliens Revier", über den Alltag eines Duisburger Stadtteilpolizisten, wurde bei den Hofer Filmtagen uraufgeführt und beim Chicago International Film Festival preisgekrönt.
Nach ihrem Diplomabschluss begann Agneskirchner als freie Autorin und Regisseurin für Dokumentar- und Imagefilme zu arbeiten. "Waschen und legen" (1999) war eine Erkundung der Berliner Friseursalonlandschaft, "Im Freibad" (2001) beobachtete einen Sommer lang den Alltag im Freibad Berlin-Wilmersdorf. Für "Zusammen" (2003), einen 70-mm-Imagefilm für die VW-Autostadt in Wolfsburg, wurde sie mit dem Deutschem Wirtschaftsfilmpreis und dem iF Industrie Forum Design Award ausgezeichnet. Agneskirchners autobiografischer Dokumentarfilm "Liebe Mama, ich kannte dich kaum ..." (2006), über ihre früh verstorbene Mutter, erhielt beim Münchner DOKfest den Förderpreis. Von 2003 bis 2007 war Alice Agneskirchner Gastdozentin an der Filmakademie Baden-Württemberg.
Im Jahr 2009 gehörte sie zu den Regisseur*innen der 24-Stunden-Fernsehdokumentation "24h Berlin – Ein Tag im Leben"; im Jahr darauf war sie an dem Gemeinschaftsprojekt "20 × Brandenburg" beteiligt, das mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Für ihr Projekt "Ein Apartment in Berlin" (2013), in dem sie drei junge, in Berlin lebende Israelis mit der tragischen Geschichte zweier jüdischer Familien während des Holocaust konfrontierte, erhielt sie das Gerd-Ruge-Stipendium. 2015 war sie als "Artist in Residence" in der Villa Aurora, Los Angeles.
Hatte Agneskirchner bisher vor allem fürs Fernsehen gearbeitet, realisierte sie zwischen 2015 und 2019 zwei Kinofilme: "Auf der Jagd - Wem gehört die Natur?" (2017), über das Verhältnis der Menschen zu Wildtieren und die Frage, ob und inwiefern die Jagd auf Wildtiere in deutschen Wäldern sinnvoll und notwendig ist; und "Lampenfieber" (2019), der fünf Kinder während der Entstehung eines neuen Kinderstücks im Berliner Friedrichstadt-Palast begleitet, dem Theater mit dem größten Kinder- und Jugendensemble Europas; dieser Film feierte auf der Berlinale 2019 in der Sektion Berlinale-Special Premiere. 2020 erhielt Agneskirchner für den Fernseh-Dokumentarfilm "Wie 'Holocaust' ins Fernsehen kam" den Grimme-Preis.
Auf der Berlinale 2022 stellte Alice Agneskirchner in der Sektion Forum Special den Dokumentarfilm "Komm mit mir in das Cinema – Die Gregors" vor, ein Porträt der Eheleute Erika und Ulrich Gregor, die die Filmgeschichte Nachkriegsdeutschlands auf bedeutende Weise erweiterten. Der Kinostart erfolgte im Sommer 2022.