Karl Grune
Karl Grune, 1890 in Wien geboren, besuchte das dortige Konservatorium für Schauspielkunst und begann seine Karriere wie viele seiner späteren Kollegen beim Theater. Er arbeitete als Schauspieler und Regisseur an österreichischen und bayerischen Provinzbühnen, an der Wiener Volksbühne und schließlich am Deutschen Theater Berlin. Im Ersten Weltkrieg verlor er 1918 durch eine Verletzung vorübergehend sein Sprachvermögen. 1919 drehte er seinen ersten Stummfilm. Sein im Zuhältermilieu angesiedeltes Regiedebüt "Der Mädchenhirt" ist eine Adaption des Romandebüts von Egon Erwin Kisch, mit dem er eng befreundet war. Grunes frühe Filme sind nur zum Teil erhalten.
Als wichtigste Werke gelten "Schlagende Wetter" und "Die Straße", beide aus dem Jahr 1923. "Schlagende Wetter" spielt im Ruhrgebiet und zeigt in naturalistischer Eindringlichkeit die Welt der Bergmänner. Auch "Die Straße", in dem ein abenteuerlustiger Kleinbürger sich ins nächtliche Großstadttreiben stürzt, dabei jedoch irrtümlich des Mordes verdächtigt und verhaftet wird, zeichnet sich durch genaue Milieuschilderung aus und inspirierte ein ganzes Genre. Unter seinen folgenden Filmen befanden sich neben der Kellermann-Adaption "Die Brüder Schellenberg" auch luxuriös ausgestattete Historiendramen wie "Königin Luise" oder "Waterloo". Höhepunkt und Abschluss seines Stummfilmschaffens bildete das pazifistische Plädoyer "Am Rande der Welt", mit dem er sich gegen jegliche Form der Kriegführung wandte.
Der Anschluss an den Tonfilm gelang Grune nur mühsam. "Katharina Knie" (1929), ein Zirkusfilm nach Zuckmayer, wurde nachsynchronisiert, geriet aber zum kommerziellen Misserfolg. Nach der Machtübernahme 1933 emigrierte Grune nach London, wo auch andere deutsche Regisseure und Schauspieler Fuß zu fassen versuchten. Er wurde dort als Regisseur für die Capitol Film Production von Max Schach tätig, mit dem er schon in Berlin zusammengearbeitet hatte. Unter anderem drehte er "Abdul, der Verdammte" mit Fritz Kortner, der deutliche Anspielungen auf Hitler und Mussolini enthielt. Seine letzte Regiearbeit wurde 1936 die Opernadaption "Der Bajazzo" mit dem Startenor Richard Tauber. In späteren Jahren wurde Grune als Produzent tätig, u.a. "The Silver Darlings" (1947). Er blieb in Großbritannien und starb am 2. Oktober 1962 in Bournemouth.