Hanna Henning
Hanna Henning wurde am 16. August 1884 als Johanna Julie Adelheid Elfriede von Koblinski im Stuttgarter Stadtbezirk Cannstatt (heute: Bad Cannstatt) geboren. Über ihre Ausbildung ist nichts bekannt, doch ihre künstlerische Karriere begann sie 1907/08 als Sängerin an der Hofoper des Herzoglichen Hoftheaters in Dessau (heute: Altes Theater). Ihr Nachname Henning rührt aus einer kurzen, während der Dessauer Zeit geschlossenen Ehe mit dem Mühlenbesitzer Hans Henning, dessen Namen sie auch nach der Scheidung beibehielt.
Wann und wie genau Hennings Wechsel zum Film erfolgte, ist unklar. Ihre ersten belegten Filme drehte sie 1915 mit dem populären Kinder- und Jugendstar Josef "Bubi" Roemer, doch da sie in diesem Jahr bereits ihre eigene Produktionsfirma gründete, darf man vermuten, dass sie schon vorher im Filmgeschäft aktiv war. Zunächst entstanden die Filme als Produktionen der Badner & Co. Bubifilm, die 1916 mit Hennings Firma zur Bubi-Film Henning & Co. GmbH fusionierte.
Henning drehte bis 19919 zahlreiche kürzere Filme der "Krümelchen"-Serie (z.B. "Krümelchens erste Liebe", 1918) und der ebenso populären "Bubi"-Serie (z.B. "Bubi als Heiratsvermittler", 1916, und "Bubi und das Wunderschwein", 1917). Auch für Ally Kay inszenierte sie zahlreiche Starvehikel, darunter "Ally schippt" (1918) und "Am Glück vorbei" (1918).
Hanna Hennings erster längerer Film war das Melodram "Im Banne des Schweigens" (1916), zu dem sie auch das Drehbuch geschrieben hatte; die männliche Hauptrolle spielte auch hier Josef "Bubi" Roemer. Für "Mutter" (1917), einen Werbefilm für "Deutschlands Spende für Säuglings- und Kleinkinderschutz" erhielt Hanna Henning das Verdienstkreuz für Kriegshilfe. Als die Fachpublikation Der Film 1918 die Österreicherin Iwa Raffay als erste Regisseurin im deutschen Film bezeichnete (Ausgabe Nr. 24), erhob Hanna Henning dagegen in einer ganzseitigen Anzeige Einspruch (Ausgabe Nr. 27, 1918).
Ab 1918 trat sie nur noch vereinzelt als Produzentin in Erscheinung; stattdessen konzentrierte Henning sich ganz auf ihre Arbeit als Drehbuchautorin und Regisseurin, meist im Dienst anderer Produktionsfirmen. So inszenierte sie 1919 bei der Berliner Segall-Film ihren ersten abendfüllenden Spielfilm, die Dreiecksgeschichte "Die Siebzehnjährigen", mit Hanni Weisse und Kurt Vespermann in den Hauptrollen. Die Publikation Der Film schrieb dazu: "Hanna Henning stellt sich mit diesem Film in die erste Reihe unserer ersten Regisseure".
Mit dem Künstlerdrama "Das große Licht" (1920), der Georg-Engel-Adaption "Die Furcht vor dem Weibe" (1921) und dem Melodram "Am roten Kliff" (1921) realisierte Henning weitere prominent besetzte, erfolgreiche und von der Kritik hoch gelobte Filme. Im ersten Halbjahr 1924 drehte sie mehrere Dokumentarfilme, manche Quellen vermuten als Grund einen Mangel an anderweitigen Angeboten.
Im Juli 1924 gründete Hanna Henning zusammen mit dem Chemnitzer Theaterdirektor Gerhard Kroog die Produktionsgesellschaft Nordeuropäische Film-Compagnie GmbH, kurz Nordrop, die allerdings innerhalb weniger Monate so massive Schulden anhäufte, dass ein Gläubiger-Ausschuss gebildet werden musste. Filme kamen offenbar nicht zustande. Den drohenden Konkurs der Firma erlebte Hanna Henning nicht mehr: Am 12. Januar 1925 starb sie im Berliner Krankenhaus Westend; je nach Quelle handelte es sich bei der Ursache um eine Lungenentzündung (Kinematograph) oder Suizid (Linzer Tages-Post).
Die wenigsten Filme von Hanna Henning sind in Archiven überliefert, doch bereits die lückenhafte Filmographie, die sich aus zeitgenössischen Rezensionen und Anzeigen in Filmzeitschriften rekonstruieren lässt, weist darauf hin, dass sie eine der produktivsten und bekanntesten deutschen Regisseurinnen ihrer Zeit war.
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