Am kommenden Samstag, 28. April, findet am Theater Osnabrück die Uraufführung der Oper "San Paolo" nach Pier Paolo Pasolini mit der Musik von Sidney Corbett statt.
"Das 1. Evangelium Matthäus" ist sein berühmtester und erfolgreichster Film, Papst Johannes XXIII. gewidmet. Als Kommunist und Homosexueller besaß der Filmregisseur Pier Paolo Pasolini jedoch kein unproblematisches Verhältnis zur Katholischen Kirche. Er glaubte an die humane Botschaft des Christentums und sah sie gleichzeitig durch die institutionalisierte Kirche bedroht. Weitgehend unbekannt ist, dass Pasolini einen Film über den Apostel Paulus plante, der nie realisiert wurde. Im überlieferten Filmskript versetzt er Paulus mitten in das 20. Jahrhundert. Originaltexte aus der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen konfrontiert Pasolini mit der Lebensrealität der Menschen in der Zeit der deutschen Besatzung in Paris, der Bonner Adenauerzeit oder den USA der 1960er Jahren.
Der Komponist Sidney Corbett nutzt dieses Material für seine neue Oper "San Paolo", die am 28. April 2018 um 19.30 Uhr ihre Uraufführung am Theater Osnabrück feiert. Corbett brachte bereits 2012 die Oper "Das große Heft" in der Friedensstadt zur Uraufführung, die ein großer Publikumserfolg war. Ralf Waldschmidt, Intendant am Theater Osnabrück, erstellte in Zusammenarbeit mit Sidney Corbett das Libretto zu "San Paolo". Die Oper ist in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln.
Der Kirchengründer Paulus ist bei Pasolini und Corbett ein faszinierender Mystiker, ein begeisternder Lehrer seiner Jünger und gleichzeitig ein von Zweifeln und Ängsten verzehrter Dogmatiker. Die Oper beginnt mit der Berufung des heiligen Stephanus zum Diakon und endet mit der Ermordung des Paulus. Der Apostel wird bei Pasolini nicht in Rom mit dem Schwert hingerichtet, sondern in New York erschossen. Pasolini nimmt auf die Ermordung Martin Luther Kings in einem Hotel in Memphis Bezug. Der bis heute kontrovers diskutierte Filmkünstler benennt die reaktionären Kräfte des 20. Jahrhunderts, die im Widerspruch zu der Idee des (Ur-)Christentums stehen: Unterdrückung identifiziert Pasolini im Faschismus und Kapitalismus ebenso wie in der restaurativen Atmosphäre der BRD der 1950er Jahre, dem klerikal geprägten Italien oder schließlich den USA der 1960er Jahre, in dem die schwarze Bevölkerung um Bürgerrechte kämpft.
Quelle, weitere Informationen und alle Aufführungstermine: www.theaterosnabrueck.de