Der Vogel

DDR 1987 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ost-Berlin, Fernsehturm am Alexanderplatz. Der Blick über die Dächer der Hauptstadt der DDR schwenkt gen Westen, wo am Horizont Baukräne der prosperierenden Frontstadt des Kapitalismus und Revanchismus zu sehen sind. Schnitt. Ein herrlich-romantischer Sonnenaufgang suggeriert sogleich: das kann gar nicht West-Berlin gewesen sein, bekanntlich geht die Sonne ja im Osten auf.

Der Wecker klingelt Bernd Vogel aus dem Schlaf, der sich schnell rasiert und noch vor dem Frühstück Zeit findet, die Schuhe seiner Tochter Antje zu putzen, obwohl die allmählich alt genug sein sollte, sich um ihre Sachen selbst zu kümmern. Meint auch „Bertalein“, die Nachbarin Berta Schröder, die nun schon im achten Jahr zum Morgenkaffee mit ihrem unerklärten Lebensgefährten eine Treppe herunterkommt.

Was künftig, darüber sind sich die beiden Frauen einig, nicht mehr nötig wäre, wenn die beiden „Alten“ endlich zusammenzögen und Antje in Bertas Wohnung einzöge – zusammen mit ihrem Freund Jan Schirbel. Der lebt als Bauarbeiter im Wohnheim seines Volkseigenen Betriebes, was eine traute Zweisamkeit der beiden jungen Liebenden naturgemäß unmöglich macht. Wie auch die obligatorischen sonntäglichen Fahrradtouren mit Papi und Berta.

Bernd Vogel ist als Ausfahrer der Wäscherei Rewatex Kummer gewöhnt mit renitenten Verkehrsteilnehmern, ungeduldigen Kunden und nörgelnden Zeitgenossen aller Art. Dennoch hat er sich seine fröhliche Natur bewahrt – und seine enorme Hilfsbereitschaft. Den betagten Nachbarn Hoepp samt schwerem Koffer zum Bahnhof fahren: eine Selbstverständlichkeit. Der Revuetänzerin Renate Schöne mit kleinen Reparaturen das stressige Leben einer alleinerziehenden Mutter erleichtern: Kein Problem, zumal zur Belohnung Freikarten für den Friedrichstadtpalast („Tanzstätte von Weltruf“) winken.

Überhaupt ist dieser Hans Dampf in allen Gassen ein großes Kind geblieben, der so lebendig selbst erfundene Geschichten aus dem Stehgreif erzählen kann, dass sie für die jungen Zuhörer Wirklichkeit zu werden scheinen. Nur bei seiner Tochter versteht er keinen Spaß, steigt ihr sogar in die Disco nach und verdächtigt Jan – natürlich zu Unrecht – ein Doppelleben zu führen als verheirateter Mann und Kindsvater in spe. Doch die hochschwangere Frau, die der Freund seiner Tochter auf der Fischerinsel umarmte, war nur Jans Schwester.

Bei einer Jonglage-Nummer mit dem frisch reparierten Bügeleisen kommen sich die schöne Schöne, die bald das knappe Tänzerinnen-Trikot mit dem Alltagsoutfit einer Kindergruppen-Leiterin im Freizeitzentrum tauscht, und Bernd Vogel näher. Was seine Hoffnungen auf einen dritten Frühling nährt – und Berta sogleich eifersüchtig macht. Mit einiger Berechtigung, weshalb sich die Kaufhallen-Kassiererin von einem liebenswerten Kunden, dem pensionierten Bäckermeister Rudolf Haupt, gern ins Konzert und später sogar zur Kahnpartie auf der Müggelspree in Treptow einladen lässt. Nun erkennt Bernd Vogel erst, was er an „Bertalein“ hat – und macht ihr noch auf dem Schiff der Weißen Flotte einen Heiratsantrag…

Die Adlershofer Produktion „Der Vogel“ (PL Gabriele Rötger) ist eine harmlos-heitere Geschichte um die Midlife-Crisis eines alleinstehenden Vaters, den das Erwachsenwerden seiner Tochter vorübergehend so aus der Fassung bringt, dass er den Jungen achtkantig aus der Wohnung schmeißt – und nur mit der Unterhose bekleidet im Treppenhaus stehen lässt. Was auch den Neptun des Neptunbrunnens am Alex zum Lachen bringt. Kleinere ironische Spitzen („objektive Schwierigkeiten“) gegen den offiziösen DDR-Sprachgebrauch haben allerdings nur zeitgenössische Zuschauer, die es im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat gewohnt waren, aufmerksam zwischen den Zeilen zu lesen, verstanden. Norbert Büchner hat seine sympathische Komödie ganz auf den verschmitzten Titelhelden zugeschnitten. Gut so.

Pitt Herrmann

Credits

Kamera

Darsteller

Alle Credits

Kamera

Standfotos

Darsteller

Länge:
64 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 05.01.1988, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) Der Vogel

Fassungen

Original

Länge:
64 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 05.01.1988, DDR-TV