Viechereien

DDR 1976 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Alma Krause ist stolze Besitzerin eines reinrassigen französischen Bullys namens Dachsi. Auch sonst pflegt und hegt sie etliche Zwei- und Vierbeiner in ihrer Wohnung, darunter die Schildkröte Mathilde - ganz so, wie man es von einer Tierarztwitwe erwartet. Ihr Neffe Heinz Rascher, den sie seit fünf Jahren in ihrer Altbauwohnung an der Schönhauser Allee in Berlin beherbergt und beköstigt, studiert zwar auch Tiermedizin. Kann sich aber durchaus vorstellen, nach einem Praxisjahr in einer Kleintierpraxis, wie sie der selige Onkel betrieb, etwas anderes zu machen.

Weshalb er die zwölfmonatige „Auszeit“ in der mecklenburgischen Provinz zu absolvieren gedenkt mit dem Gedanken im Kopf, dort Wurzeln zu schlagen. Was weder Tante Alma passt, für die Heinz etwas aus der Art geschlagen erscheint, noch der Untermieterin Ilona Maschke. Die angehende Veterinärmedizinerin hat mindestens ein Auge auf ihren Kommilitonen geworfen und würde ihn gern der Wissenschaft erhalten wissen am Lehrstuhl der Humboldt-Universität. Weshalb sie es begrüßt, dass Tante Alma ihren Neffen persönlich im Dorf Groß-Klöckow abliefern will. Der Doppelstock-Sputnik fährt freilich nur bis Klein-Klöckow, sodass die beiden bereits den Bus bestiegen haben, als der Tierarzt Otto Dr. Kröpelin im flotten Trabant Cabrio angestottert kommt: das luftige Gefährt zickt 'mal wieder. Da Tante Alma nie ohne ihren „Dachsi“ reist, wird es eine Ankunft mit Hindernissen, denn Krischan Hahnemann, zum elenden Suffkopp verkommener einstiger bester Melker im Bezirk Torgelin, fürchtet sich vor vierbeinigen Kläffern, ob sie nun Promenadenmischungen sind oder von französischem Hundeadel abstammen. Seine Flucht endet ausgerechnet im sterilen Hochsicherheitstrakt des Milchtierkombinats...

Tante Alma gefällt es im Mecklenburgischen. So viele Pferde auf den Weiden, Greifvögel in der Luft – und Störche mit Nachwuchs im Nest hoch auf dem Kirchturm. Das romantische Sommeridyll wäre perfekt, wäre ihr Neffe nicht geneigt, im Anschluss an das Praxisjahr als Betriebstierarzt ins Kombinat zu wechseln, das eine vollautomatische Großanlage für zweitausend Kühe plant. „Ich war 'mal Zilles liebste Göre“: So eine Zukunft als „Bazillenscheuche“ in der industriemäßigen Tierproduktion kann sie sich für Heinz nun wirklich nicht vorstellen, weshalb sie einige vermeintliche Trümpfe ausspielt, um ihren Neffen nach Berlin zurückzubringen - unter Einschluss Ilona Maschkes, die sie glatt als seine Verlobte ausgibt. Andererseits ist der Witwer Dr. Otto Kröpelin, bei dem Alma untergekommen ist, gar kein schlechter Kerl. Er müsste sich nur von den ausgestopften Tieren seiner verstorbenen Gattin Trude, die als Präparatorin gearbeitet hat, trennen. Und seine Jagdleidenschaft an den Nagel hängen. Noch was? Ach ja, Rauchen ist der Gesundheit abträglich...

Es sind schon einige merkwürdige Kröpelin-Stammkunden dabei, deren Betreuung Heinz nun übernimmt – vom Schäfer, der eigentlich nur Gesellschaft fürs Kartenspiel sucht über die Seniorin, die ihren Rückenbeschwerden mit einer Rosskur zu Leibe rückt bis hin zur Katze im Pfarrhaus, die nicht unter Bauchwassersucht leidet, sondern in freudiger Erwartung eines ganzen Wurfes dick geworden ist. Als 23 Kilometer vor Groß-Klöckow 'mal wieder der Trabi streikt, wird Heinz von einer jungen, äußerst attraktiven Polin abgeschleppt – und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Jana Nowak ist Agraringenieurin im Partnerbetrieb des Kombinats jenseits der Oder und verbindet berufliche Fortbildung mit einem Kurzurlaub in der Mecklenburgischen Seenplatte. Noch ein Argument mehr, in Groß-Klöckow über das Praxisjahr hinaus Wurzeln zu schlagen...

Die Adlershofer Auftragsproduktion des Defa-Studios für Spielfilme ist eine ländlich-sittliche Komödie mit einer einmal mehr überragend-kodderschnauzigen Agnes Kraus, einer sehr handfesten Inge Meysel des Ostens. Hier wird Tacheles geredet bis hinein in Personalentscheidungen und Arbeitsabläufe der LPG. Am Ende steht naturgemäß ein Bekenntnis zum Fortschritt der sozialistischen Entwicklung – und diese führt zu industrieller Massentierhaltung. Ökologie war Ende der 1970er Jahre für die DDR kein Thema. Otto Holub hat neben mehreren „Polizeiruf 110“-Folgen drei Filme mit Agnes Kraus gedreht: als Autor und Regisseur 1974 „Schwester Agnes“ und nach „Viechereien“ noch 1977 „Oh, diese Tante“ als Co-Autor des Regisseurs Konrad Petzold. Holub, ein Sudetendeutscher, der am 5. Oktober 1928 in Pokratitz an der Elbe, dem heutigen Pokratice in Tschechien, zur Welt kam, hat die Erstausstrahlung seiner Komödie „Viechereien“ nicht mehr erlebt – er starb am 30. März 1977 in Berlin.

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Drehbuch

Schnitt

Musik

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Drehbuch

Szenarium

Dramaturgie

Kameraführung

Kamera-Assistenz

Kostüme

Schnitt

Mischung

Musik

Darsteller

Produktionsleitung

Länge:
79 min
Format:
1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 30.05.1977, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) Viechereien

Fassungen

Original

Länge:
79 min
Format:
1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 30.05.1977, DDR-TV