Einer muß die Leiche sein

DDR 1977/1978 Spielfilm

Inhalt

Eine Reisegruppe aus der DDR verbringt die Ferien in Bulgarien an der Schwarzmeerküste. Die Urlauber unternehmen einen Ausflug, bei dem ihr Boot beschädigt wird und sie zur Übernachtung auf einer einsamen Insel zwingt. Unter ihnen befindet sich der Kriminalist Dr. Enderlein, der zur Ablenkung die fiktive Ermittlung eines Mörders vorschlägt. Eine junge Frau soll die Leiche spielen und wird kurze Zeit später tatsächlich tot aufgefunden. In der schlagartig ernsten Situation werden die Charaktere der Gruppenmitglieder offenbar. Enderlein kann den Fall lösen: Einer von ihnen hat sich seiner heimlichen Geliebten entledigt.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Eine DDR-Urlaubergruppe an der bulgarischen Schwarzmeerküste will einen Tag abseits des Strandrummels verbringen und bricht deshalb mit einer Fremdenführerin im Boot zu einer einsamen Insel auf. Als die Dämmerung hereinbricht und alle wieder abfahrbereit sind, stellt der Bootsführer Motorschaden fest und die Gruppe muss die Nacht über in einer kleinen Hütte campieren.

Zunächst murrend, dann aber doch gelassen die mitgebrachten Vorräte plündernd, überlegt sich die Reisegesellschaft, wie der Abend sinnvoll gestaltet werden kann. Krimi-Fan Dr. Franz Enderlein, im wahren Leben Zahnarzt, setzt sich schließlich mit seiner „Mörderspiel“-Idee durch, zumal die attraktive und darob allseits umschwärmte Susanne (Monika Woytowicz) die undankbarste Rolle übernimmt: Einer muss ja schließlich die „Leiche“ sein.

Aus dem Spiel wird tödlicher Ernst: Noch in der Nacht wird Susanne erschlagen am Strand aufgefunden. Erste Diagnose: Unfall durch Absturz. Aber Enderlein und der Werkleiter, Parteigenosse Dieter Gotthardt, haben ihre Zweifel und nehmen die Sache selbst in die Hand, als Indizien gefunden werden, die auf einen Mord schließen lassen. Als Täter kommen freilich alle dreizehn Mitglieder der Reisegruppe sowie die beiden bulgarischen Betreuer infrage. Bis die bulgarische Miliz eintrifft, bleibt genug Zeit, der Wahrheit auf die Spur zu kommen...

Der Defa-Krimi „Einer muss die Leiche sein“ nach dem sogleich nach Erscheinen vergriffenen gleichnamigen Roman Gert Prokops, ist auf den ersten Blick von recht konventionellem Zuschnitt, auch wenn es diesmal keinen Kriminalkommissar gibt, der alle Angehörigen einer gräflichen Familie ins Kaminzimmer bittet, um durch geschickte Verhörpraktiken den Täter zu überrumpeln. Enderlein und Gotthardt wühlen auf eigene Faust im Innenleben der Mitreisenden, wobei altbekannte Klischees fröhliche Urständ’ feiern.

Da ist das verheiratete Zahnarzt-Ehepaar Enderlein, wo Johanna Kohle und Praxis mit in die Ehe brachte und Gatte Franz sich emanzipieren, also: absetzen will. Da ist der alternde schwule Junggeselle Maiendorff (Hannes Fischer), da sind die kesse Pitty (Gertraud Kreißig) und die etwas verschrobene Magda Bähreis (Ruth Kommerell). Die Ehepaare Dieter und Lisa Gotthardt sowie Evelyn und Dr. Egon Kunack sind wohl eher weniger verdächtig.

Sehr wohl aber die Junggesellen (Giso Weißbach, Gerd Blahuschek), der eine ein Gigolo-Typ, der andere eher ein Spießbürger - und ein sich nach außen kühl gebenden, aber verliebter Ingenieur. Dazu die beiden Einheimischen, die Dolmetscherin Shanna (Jana Stoyanowitsch) und der Bootsführer Wassil (Weliko Stojanoff). Ein Motiv hätte jeder, Selbstmord durchaus eingeschlossen: Susanne war schwanger. Zum guten Schluss scheint der Täter durch Susannes Tagebuch und einige verräterische Äußerungen entlarvt zu sein.

Der zwar hochkarätig besetzte, aber alles andere als spannende und von Kameramann Günter Jaeuthe auch nicht sonderlich spektakulär gedrehte Defa-Streifen interessierte damals nicht aus genrespezifischen Gründen. So fragte die „Kino-Eule“ Renate Holland-Moritz im „Eulenspiegel“ (11/78) sehr zu Recht: „Warum konnte eigentlich für etwas so Wichtiges wie einen DDR-Gegenwarts-Krimi kein erfahrener Regisseur gewonnen werden? Warum akzeptiert die Studioleitung unausgereifte Drehbücher?“

Er interessiert heute, weil die Hans Fielitz-Biographie die DDR-Zensur passiert hat und der Film in hochbrisanter Zeit an der Berliner Vorzeige-Meile Karl-Marx-Allee uraufgeführt werden konnte: Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns erfolgte auf das „Spiegel“-Manifest eine völlig überzogene Reaktion der SED-Bürokraten, der auch ein Aderlass an bekannten Defa-Stars wie Jutta Hoffmann und Manfred Krug, die gerade Jurek Beckers „Das Versteck“ abgedreht hatten, folgte.

Besagtem Bauingenieur Fielitz (Hansjürgen Hürrig) winkt eine für DDR-Verhältnisse phantastische Chance, die ihm sein Chef, mit dessen Tochter er verlobt ist, verschafft hat: Auslandsauftrag nach Calcutta. Der ist jedoch hochgradig gefährdet, als seine Geliebte ein Kind von ihm erwartet und versucht, Hans Fielitz zu erpressen. Der ist zu allem bereit, denn was wäre die Alternative? Kleiner Beamter bleiben, mit viel Glück Aussicht auf eine Drei-Zimmer-Wohnung, eine Gartenlaube, mit noch viel mehr Glück ein Trabant Kombi. Und das soll für ein ganzes Leben reichen? Klar, dass Hanz Fielitz bereit ist, einiges für seine Indien-Chance zu tun....

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
2280 m, 84 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 02.02.1978, Berlin, Kosmos

Titel

  • Originaltitel (DD) Einer muß die Leiche sein

Fassungen

Original

Länge:
2280 m, 84 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 02.02.1978, Berlin, Kosmos