Inhalt
Underground-Film von Peter Fleischmann, eine provozierend-satirische Reaktion auf die Aufklärungs- und Sexfilm-Welle der siebziger Jahre: Die 17-jährige, sexuell unerfahrene Schülerin Dorothea begibt sich auf dem Hamburger Kiez auf die Suche nach "echten" Gefühlen. Doch stattdessen findet sie zwischen Huren, Exhibitionisten und Dominas eine düstere Welt sexueller Abgründe und "Perversionen". So schläft sie auf ihrer Exkursion reihenweise mit hässlichen, viel älteren Männern und befriedigt schwachsinnige Exhibitionisten.
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Dorothea hat die Faxen von den Exhibitionisten, feisten Freiern und vor allem den Sadomasochisten in dem Club, in dem sie zunächst sehr blauäugig Dienst tut, um die (sexuell) verirrten Männer wieder auf die rechte Bahn menschlicher Gefühle zu lenken, dicke. Triebbefriedigung ist gefragt, nicht echte Gefühle oder gar die große Liebe. So flüchtet sie mit Freunden aus der hanseatischen Hippie-Szene aufs Land, wo sie bei einer freundlichen Alten Unterschlupf findet. Ein Landkommunardenleben samt Live-Musik, Kaffee und Pflaumenmus unter dem Porträt der Hippie-Ikone Mao...
„Dorotheas Rache“ wurde nach der Pariser Uraufführung sogleich mit dem Preis der von Roland Topor, Fernando Arrabal und Alexandro Jodorowski gegründeten „Groupe Panic“ ausgezeichnet. Die französische Presse überschlug sich geradezu in Lobeshymnen auf den „Anti-Porno“, der eine gelungene Persiflage des Schmuddel-Genres, aber auch der sog. Aufklärungsfilme darstelle. In Deutschland kam Peter Fleischmanns Film, der nach Angaben des Regisseurs die „totale Kommerzialisierung der Liebe und dessen, was man heute gern als Liebe bezeichnet“ zeigt, nach dem Kinostart am 25. April 1974 arg unter die Räder, was Klaus Hebecker in der „Welt“ wie folgt auf den Punkt brachte: „Courths-Mahler, auf die Penis-Ebene gebracht.“
Für Aufsehen sorgte im September 1974 die Staatsanwaltschaft Hamburg, die den Film, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt bereits ein halbes Jahr in vierzig bundesdeutschen Städten gezeigt worden war, beschlagnahmte und ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 184 des Strafgesetzbuches (Vorführung pornographischer Darstellungen) einleitete. Das ist längst Schnee von vorgestern und hat dem Film dennoch zu keinem Kunst-Image verhelfen können. Denn die Story ist doch arg platt: Dorotheas Elternhaus dient nur der sozialen Staffage, und ihre Gespräche mit der sie mütterlich umsorgenden „Kollegin“ Nora über Sinn und Zweck des „Gewerbes“ machen aus dem Film noch kein „Zeugnis gegen die Welle der Pornofilme aus Deutschland“, wie der Pariser „L’Express“ schrieb. Nein, „Dorotheas Rache“ ist selbst nichts anderes als ein Pornofilm und wird daher heute völlig zu Recht nur in speziellen Festivals wie dem Bochumer „Besonders wertlos“ gezeigt.
Pitt Herrmann