Revue um Mitternacht

DDR 1961/1962 Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Produktionsleiter Otto Kruse hat die Pappen dicke. „Was zum Lachen“ lautet der Parteiauftrag, doch zum längst überfälligen Revuefilm gibt es noch nicht einmal eine Idee, vom Rohentwurf oder gar Script ganz zu schweigen. Da entschließt er sich zum nicht geringen Erstaunen seiner jungen Produktionsassistentin Claudia Glück, sein säumiges Filmteam in einer abseits gelegenen alten Villa zu internieren. Solchen Zwangsmaßnahmen ausgesetzt sind der Dramaturg Eberhard Gallstein, der Architekt Jens Holle, der Komponist Herbert Schöninger und der Autor Bielack (Willi Schwabe). Mit einer Ausnahme sind alle zur Stelle, wenn auch unwirsch und murrend: Statt des vorgesehenen, berühmten Schriftstellers Bielack hat Aufnahmeleiter Theo den dem restlichen Team völlig unbekannten Alexander Ritter mitgebracht.

Claudia Glück dagegen ist der unverschämt selbstbewusste, hartnäckige junge Mann schon des Öfteren im Studio unangenehm aufgefallen, dessen Annäherungsversuche sie immer energisch zurückgewiesen hat. Innerlich kocht sie vor Wut, als der begnadete Pianist und Sänger, frischgebackener Absolvent der Musikhochschule, ihr gegenüber erneut aufdringlich wird. Keinen Augenblick glaubt sie daran, dass der Hallodri von Ritter hier nur seine Chance als junger, aufstrebender Autor neben dem arrivierten Regisseur (Jochen Thomas) sucht.

„Happy End mit Musik, dann ist alles erreicht“: Kruses Plan misslingt gründlich, obwohl die staatlichen Auftraggeber keine Kosten und Mühen scheuen, mit großen, hier auch exotisch-erotischen Tanz-Tableaus die große, weite, bunte Welt auf die durchweg noch graue heimische Leinwand zu holen. Seine drei Koryphäen kapitulieren vor der Aufgabe eines weltmännischen Ausstattungsstreifens und machen sich sang- und klanglos aus dem Staube. Nur der unermüdliche Ritter bleibt bei der Stange, produziert Ideen wie am Fließband und schleicht sich immer mehr in das Herz der widerstrebenden Claudia.

„Vielleicht liegen wir schief – aber dann im Kollektiv“: Noch einmal vereint Kruse die Entflohenen unter einem Dach, doch Claudias nun auch begnadet Saxophon spielender „Ritter“ scheint der Einzige zu sein, der mit seiner Phantasie der Revue zu einem glücklichen Abschluss verhelfen kann: „Alles dreht sich um Amore“. Allein, er ist von seinem „Glück“ persönlich an die frische Luft gesetzt worden und spurlos verschwunden...

Schmissige Musik von Gerd Natschinski, interpretiert von namhaften Gesangssolisten sowie vom Tanzorchester des Berliner Rundfunks und dem Defa-Sinfonieorchester, großartige Tanzeinlagen der Berliner Ballettensembles der Deutschen Staatsoper und des Friedrichstadtpalastes, von Erich Guskos Kamera rasant eingefangen und von Hildegard Tegener in für Defa-Verhältnisse geradezu revolutionärer Split-Screen-Technik geschnitten, und ein rundum überzeugendes Darstellerensemble verhalfen der ganz lustigen, aber bis auf eine versteckte politische Anspielung („... und am Ende ist es formalistisch“) im Grunde allzu harmlosen „Revue um Mitternacht“ zum Kassenerfolg nach der Premiere am 7. Juli 1962 im Berlin-Pankower Colosseum und dem Kinostart am 23. August 1962.

Christel Bodenstein und der damals 25-jährige Manfred Krug avancierten danach zum beliebten Filmpaar auch in Adlershofer TV-Produktionen. Die populäre Schauspielerin und spätere Gattin von Konrad Wolf, nach der Wiedervereinigung regelmäßiger Gast bei Defa-Vorführungen im Prenzlberger „Kaffekaffe“, erinnerte sich, wie sie, als 16-Jährige nackt am FKK-Ostseestrand liegend, vom Defa-Regisseur Kurt Maetzig entdeckt worden ist: „Ich bin noch nie in meinem Leben nackt einem angezogenen Mann vorgestellt worden. Ich habe mich sowas von geschämt. Er sagte noch: Ich denke, wir sehen uns noch mal. Und da dachte ich: Da ziehe ich aber was an.“

Die Film-Prinzessin der Defa verzaubert seit 1957 das Publikum mit dem Märchenfilmklassiker „Das singende, klingende Bäumchen“. Ihr Charme und ihre Natürlichkeit haben sie zu einer bis heute beliebten Schauspielerin gemacht, die in über vierzig Kino- und Fernsehproduktionen mitwirkte, von „Beschreibung eines Sommers“ (1963) über Konrad Wolfs Romanadaption „Der kleine Prinz“ (1966), die aus rechtlichen Gründen erst Jahrzehnte später gezeigt werden konnte und vor geraumer Zeit Aufnahme gefunden hat in die DVD-Box aller 14 Spielfilme des nach Armin Mueller-Stahl zweiten Bodenstein-Gatten, bis hin zur Neuverfilmung ihres größten Publikumserfolges „Das singende, klingende Bäumchen“ (2016). Die „Wende“ hatte zuvor ihre erfolgreiche Zweit-Karriere als Unterhaltungskünstlerin und Kleinkunst-Prinzipalin am Berliner Friedrichstadtpalast abrupt beendet.

Pitt Herrmann

Credits

Kamera

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Kamera

Bauten

Schnitt

Musikalische Leitung

Darsteller

Produktionsleitung

Länge:
2833 m, 104 min
Format:
35mm, Totalvision
Bild/Ton:
Farbe, Magnetton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 07.07.1962, Berlin, Colosseum

Titel

  • Originaltitel (DD) Revue um Mitternacht

Fassungen

Original

Länge:
2833 m, 104 min
Format:
35mm, Totalvision
Bild/Ton:
Farbe, Magnetton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 07.07.1962, Berlin, Colosseum