Du und ich und Klein-Paris

DDR 1970 Spielfilm

Inhalt

Als die 17jährige Angelika nach Leipzig zieht, muss sie zunächst für eine Weile zur Untermiete bei Frau Häublein einziehen, denn ihre Eltern werden erst in ein paar Monaten nachkommen. Der Philosophiestudent Thomas, der dort ebenfalls wohnt, ist gar nicht begeistert von seiner hübschen neuen Mitbewohnerin. Er muss wegen ihr in ein kleineres Zimmer ziehen und ärgert sich über ihre vielen Männerbekanntschaften, ohne zu ahnen, dass es vielleicht Eifersucht sein könnte, die hinter seiner Aggression steckt. Als der Vater des Mädchens zu Besuch kommt, bittet er Thomas, auf seine Tochter acht zu geben. Diese Aufgabe nimmt Thomas fortan sehr ernst, und er stellt nun doch fest, dass er sich in Angelika verliebt hat. Jetzt muss er nur noch die lästigen Verehrer loswerden: Einen Marineoffizier, einen Fotoreporter und einen Mitschüler.

Die Ausstattung dieser Filmseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.


 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Eine junge, ausgesprochen hübsche und dabei ganz unprätentiös-freundliche Blondine harrt ungeduldig darauf, dass sich die Dampflok endlich in Bewegung setzt, um den D-Zug, zu dem sie ihre Eltern und Freunde gebracht haben, nach Leipzig zu ziehen. Schnitt. Ein vielleicht etwas älterer, aber noch sehr jungenhaft wirkender Radsportler steht unter Dampf, im dichten Pulk der Teilnehmer auf den Startschuss zu einem Straßenrennen wartend. Wir sehen ihn später, nach der Veranstaltung, wie er sein Sportgerät die Treppen zu einer Wohnung hochschleppt und es wie ein Bild an die Wand seines Zimmers hängt. Eines Zimmers, dass er widerwillig gegen eine schmale, jedenfalls fürs Fahrrad viel zu kleine Besenkammer eintauschen muss, wenn auch nur vorübergehend. Thomas „Tommy“ Block, Philosophiestudent und Radsportler, der zur Untermiete bei Frau Häublein, Souffleuse an der Oper, in der Leipziger Menckestraße wohnt, soll Platz machen für die auch in der Messestadt sogleich vielumschwärmte Angelika Lorenz aus Torgau. Ihre Eltern haben beschlossen, dass sie für ihr letztes Oberschul-Jahr gleich zu Beginn die Klasse wechselt, nachdem ihr Vater, ein Oberpostrat, nach Leipzig versetzt worden ist. Mit dem Umzug der Familie dauert es noch eine Weile und damit sich die 17-Jährige nicht mitten im Abijahr neu orientieren muss, wird sie schon ein paar Monate früher bei Frau Häublein, wo schon Angelikas Vater während seiner Studienzeit gewohnt hat, einquartiert.

Zwei wesentlich ältere Männer, die freilich nicht ahnen können, dass sie einer Schülerin den Hof machen, umschwärmen Angelika wie Motten das Licht: Zum einen der flotte Marineleutnant Hans-Dieter Hohmann, der als Kapitän eines Kreuzfahrtschiffes viel herumkommt, sich daher aber umso mehr einen Heimathafen herbeisehnt, in dem sein Herz vor Anker gehen kann. Und zum anderen der nicht minder attraktive Fotoreporter Erwin Schmitt, der offenbar nichts anbrennen lässt bei den jungen Damen, die sich auf den Beifahrersitz seines schmucken roten Wartburg-Cabrios trauen. Um sich von ihm etwa, wie Angelika, Leipzig und seine Sehenswürdigkeiten drumherum wie das Völkerschlachtdenkmal zeigen zu lassen: Kameramann Hans-Jürgen Kruse schwelgt in bunten Postkartenansichten, zeigt die Messestadt von ihrer besten, vor allem grünen Seite. Auch die toughe Lehrerin Meta Müller kriegt sogleich mit, dass Angelika unter ihren männlichen Klassenkameraden wie eine Bombe eingeschlagen hat: alle reißen sich förmlich um sie. Benno (Matthias Otto) etwa, Geiger im Kreisorchester, versucht es mit nächtlichen Ständchen unter ihrem Fenster. Da hat Harrer (der Sänger Klaus-Dieter Henkler in seiner einzigen Filmrolle) als Besitzer eines Mopeds schon bessere Karten.

Was freilich die Klassengemeinschaft auseinanderdriften lässt: Eifersucht zerstört jede Solidarität. Und führt bald zu ernsten Verwerfungen, die Angelika gar nicht versteht: Sie ist sich ihrer enormen Wirkung auf das andere Geschlecht überhaupt nicht bewusst. Und erkennt nicht, dass sie, indem sie zu allen gleichermaßen freundlich ist, die Herren der Schöpfung zu falschen Hoffnungen ermuntert. Freibad, Sprungturm. Angelika will es den Jungs zeigen und ist bereit zum waghalsigsten „Köpper“ von ganz oben. Schnitt. Thomas, von seinem Trainer Hennes („Mädchen sind Gift für Rennfahrer“) zum Favoriten erklärt, zeigt vor dem Start zu einem großen Stadtkurs-Rennen keinerlei Nervosität. Er ist gut eingestellt, was soll passieren? Angelika wechselt eilig vom Freibad an die Rennstrecke, um lauthals Tommy anzufeuern. Der erkennt ihre Stimme, kommt in der Kurve aus dem Tritt – und landet mit Gehirnerschütterung im Krankenhaus. So kann er immerhin die aufopferungsvolle Pflege Angelikas genießen, auf die er inzwischen natürlich auch mehr als nur ein Auge geworfen hat. Eifersucht? Er doch nicht! Als Angelikas Vater ihn bei einem Besuch ganz nebenbei bittet, ein bisschen auf das Mädchen aufzupassen, nimmt Thomas die Aufgabe allzu ernst. Zumal sich seine Hausnachbarin, die unter ihrem herrischen Vater leidende lebensfrohe Zahnmedizinstudentin Britta, nun mit zwei ihrer Kommilitonen (Winfried Glatzeder und Dietmar Obst) der kleinen, naiven Schülerin aus der Provinz annimmt, mit der sich Kapitän Hohmann verloben will und die nun dank des Fotograf Schmitt das Titelbild einer Illustrierten ziert…

Rudi Strahl (1931 Stettin – 2001 Berlin), einer erfolgreichsten DDR-Autoren fürs Komödienfach in Literatur, Theater und Film („Ein irrer Duft von frischem Heu“), unternahm gemeinsam mit Regisseur Werner W. Wallroth, der in einem Cameo-Auftritt zweimal kurz als Dirigent in der Oper zu sehen ist, den Versuch, mit der Verfilmung seiner 1968 erschienenen Erzählung „Du und ich und Klein-Paris“ auf heitere und beschwingte Weise das Lebensgefühl junger Leute fürs Kino einzufangen. In den Hauptrollen brillieren Evelyn Opoczynski und Jaecki Schwarz, die damals am Beginn ihrer Schauspielerkarriere standen. Der Titel der vor Ort in der Messestadt und am Völkerschlachtdenkmal gedrehten und dort auch uraufgeführten Komödie bezieht sich übrigens auf ein Zitat Johann Wolfgang von Goethes. In „Faust I“ heißt es: „Mein Leipzig lob ich mir. Es ist Klein-Paris und bildet seine Leute.“ Der 105minütige, in Farbe und in Breitwand-Format gedrehte und bei aller dem Genre innewohnenden inhaltlichen Harmlosigkeit immer wieder sehr dynamisch geschnittene Film erlebte seine TV-Erstausstrahlung am 6. Oktober 1972 im Fernsehen der DDR.

Ralf Schenk, langjähriger Defa-Vorstand, als Kurator der Reihe „Defa in Farbe“ 2014 im Zeughauskino Berlin: „Regisseur Werner W. Wallroth taucht sein Liebeslustspiel in die knallbunten Farben der Flower-Power-Zeit: Pop-art made in Babelsberg. Manche Rezensenten lobten, noch nie sei eine DDR-Stadt ‚so heiter und lebensfroh ins Bild gebracht worden‘ wie hier (Filmspiegel), andere fuhren schwerstes Geschütz gegen die bewusst gewählten poppigen Farbtöne der Messemetropole auf. So urteilte die Ost-Berliner Tageszeitung ‚Der Morgen‘: ‚Das Bekenntnis zur poetischen Überhöhung, die alles mit augenzwinkernder Heiterkeit ein bisschen bunter, romantischer, liebevoller macht, als sich die Wirklichkeit nun einmal im Alltag zeigen kann, trägt auch die Gefahr in sich, den wirklich revolutionären Prozessen dieses Alltags auszuweichen.‘“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Dramaturgie

Kamera

Bauten

Kostüme

Schnitt

Darsteller

Sprecher

Produktionsleitung

Länge:
2869 m, 105 min
Format:
35mm, 1:1,25
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 13.03.1971, Leipzig, Capitol

Titel

  • Originaltitel (DD) Du und ich und Klein-Paris

Fassungen

Original

Länge:
2869 m, 105 min
Format:
35mm, 1:1,25
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 13.03.1971, Leipzig, Capitol