Schneewittchen

DDR 1961 Spielfilm

Inhalt

Das Märchen von Schneewittchen, der die böse Stiefmutter den Tod wünscht, weil das Mädchen schöner ist als sie, kennen bestimmt alle. Gottfried Kolditz, dem Regisseur, ist bei der Verfilmung dieses Märchens eine farbenfrohe und sehr musikalische Bearbeitung des Märchens gelungen. "Neben diesem Fest für Ohr und Auge gibt es aber auch einige Veränderungen des ursprünglichen Märchens zu bewundern. (...) Eigentlich gibt es viel Neues und Überraschendes in diesem alten Film zu entdecken. Ich habe nach diesem Film ein sehr positives Gefühl wegen der freundlichen Gestaltung dieses Märchens gehabt." (Eberhard von Elterlein in: Theo′s Tips)

Quelle: Kinderfilm online

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Es war einmal: So weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz ist die schöne Königstochter, die daher Schneewittchen genannt wird. Im Prolog der arg hausbackenen, gut einstündigen Leinwand-Adaption von Günther Kaltofen und Gottfried Kolditz, die zu aufregender Mauerbau-Zeit am 8. Oktober 1961 im Berliner „Babylon“ am Rosa-Luxemburg-Platz Premiere feierte, blättert der Erzähler in einem großen, alten und reich verzierten Märchenbuch. Es liegt blütenweißer Schnee, auf den drei Tropfen rotes Blut fallen, im ersten Take des Kameramannes Erwin Anders. Die mittelalterliche Burg, von dessen Zinnen der Türmer die Ankunft bereits erwarteter Besucher verkündet, ist kein Hort familiärer Eintracht mehr, seit Schneewittchens Mutter gestorben und ihr Vater eine zweite Frau zur Königin gemacht hat. Und als nun gar auch der König stirbt, hat die Prinzessin endgültig nichts mehr zu lachen.

Das heranwachsende Kind ist der eitlen Stiefmutter schon lange ein Dorn im Auge. Doch nun hat sich der junge König aus dem Nachbarreich zum Besuch angesagt und die Königin, die beide Augen auf den schmucken Kerl geworfen hat, will sich noch rasch vom Spiegel bestätigen lassen, wer die Schönste im ganzen Land sei. Das für sie günstige, in heilloser Selbstüberschätzung freilich auch erwartete Urteil reicht der liebestollen Gastgeberin noch nicht: Sie sperrt vorsichtshalber ihre Stieftochter von allen Festivitäten aus. Was Schneewittchen offenbar ganz schnuppe ist, obwohl sie an diesem Tag ihren Geburtstag feiert. Den die schwer schuftende königliche Küchenbrigade nicht vergessen hat und ihr mit Blumensträußen gratuliert. „Man müsste hundert Hände haben“ stöhnt der Koch und erhält prompt zwei dazu: Schneewittchen hilft beim Kochen wie beim Auftragen der Speisen und wird so vom jungen König entdeckt.

Nun kann der Spiegel mit der Wahrheit nicht mehr hinterm Berg halten: „...aber Schneewittchen ist tausend Mal schöner als ihr.“ Sodass die Königin ihren Jäger damit beauftragt, Schneewittchen zu entführen und sie im entlegensten Teil des finstersten Waldes umzubringen. Was der gutherzige Grünrock natürlich nicht fertigbringt und Schneewittchen laufen lässt. Seiner Armbrust fällt ein Tier zum Opfer, dessen Herz der Königin als das ihrer Stieftochter überbracht wird. Als der junge König nach Schneewittchen fragt, schweigt die grimmige Kammerzofe (Steffie Spira) der Königin beharrlich. So macht er sich selbst auf die Suche. Währenddessen ist Schneewittchen über die sieben Berge zu den sieben Zwergen gewandert, in deren gemütlich-rustikalem Zwergenhaus sie Obdach findet. Und mehr noch: Rumpelbold, Purzelbaum, Packe, Puck, Huckepack, Pick und der forsche Naseweis sind ganz begeistert von dem so schönen wie hilfsbereiten Kind. Das nun tagsüber Ordnung hält, die Wäsche reinigt und wenn nötig flickt sowie abends für die Zwerge kocht, wenn sie von der schweren Arbeit unter Tage im Erzbergwerk zurückkehren. Hübsch im Gänsemarsch, Ordnung muss schließlich sein in der Defa-Märchenwelt zumal in diesen aufgeregten Zeiten zu Beginn der 1960er Jahre, und immer ein fröhliches Lied auf den Lippen.

Von ihrem Spiegel darüber aufgeklärt, dass ihre Stieftochter hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen noch tausend Mal schöner ist als sie, verkleidet sich die Königin als bereits alte und schwache Händlerin und macht sich mit geschwärztem Gesicht und großer Kiepe auf dem Rücken selbst auf den Weg. Ihr Plan scheint aufzugehen: das große Herz Schneewittchens – und wohl auch eine große Portion Naivität – lässt sie die Türe öffnen. Doch Naseweis entzündet gleichzeitig mit seiner Tabakspfeife auch eine Lunte, was erst für den folgenden Tag geplant war. Sodass die kleinwüchsigen Helden der Arbeit vorzeitig nach Hause kommen und die durch einen bewusst zu eng geschnallten Gürtel ohnmächtig gewordene Prinzessin zu neuem Leben erwecken. Nachdem auch ein zweiter Versuch mit einem vergifteten Kamm scheitert, kommt die böse Stiefmutter auf die ultimative Idee: sie lässt Schneewittchen in die vergiftete Hälfte eines Apfels beißen. Die Zwerge sind ganz außer sich und bahren die vermeintlich Tote in einem gläsernen Sarg auf der Spitze des siebten Berges auf. Der vom Jäger benachrichtigte junge König kommt zur rechten Zeit, denn Schneewittchen erwacht erneut – und nun steht einer glanzvollen Hochzeit nichts mehr im Wege. Die ebenfalls geladene Königin verweigert entsetzt die Apfel-Probe...

„Schneewittchen“ von Gottfried Kolditz ist eine konventionelle, nachgerade brave Nacherzählung des bekannten Grimmschen Märchens, die erstmals am 27. Dezember 1987 in der Bundesrepublik gezeigt wurde (West-3-TV) und sich noch Jahrzehnte später im wiedervereinigten Deutschland als ein Hit erweist, der gleich von gefühlt allen Dritten Programmen der ARD alljährlich zur Weihnachtszeit ausgestrahlt wird und auch als DVD in Ost und West gleichermaßen reüssiert. Und dennoch gibt es semantische Verschiebungen in Günther Kaltofens Drehbuch: Die Zwerge sind als individuelle Charaktere gezeichnet – und als schwer schuftende Arbeiter im Bergwerk. Nicht sie knüpfen Bedingungen an das bei den Grimm-Brüdern eher ängstliche, passive und unbedarfte Schneewittchen. Sondern die offene, selbstbewusste Film-Titelheldin macht den ersten Schritt auf die Zwerge zu. Wie sie auch in ihrer Liebesgeschichte mit dem Prinzen ein größeres Gewicht erhält.

Naturgemäß kommt auch Kolditz nicht um Defa-Standards herum: die adlige Gesellschaft besteht aus fressenden und saufenden Ausbeutern. Und dekadenten Gestalten wie der geradezu krankhaft-besessenen Schönheits-Königin. Nur das einfache Volk besteht aus normal empfindenden und solidarisch handelnden Menschen, vom Koch über den Jäger bis hin zum adrett geordneten Zwergen-Septett. Immerhin werden mit der Prinzessin Schneewittchen und dem jungen König zwei Blaublüter in die Phalanx der Guten eingereiht: die Hoffnung auf den neuen sozialistischen Menschen hat man zumindest bei der Defa-Gruppe Solidarität noch nicht aufgegeben, währenddessen Walter Ulbricht und Konsorten eine Mauer quer durch Deutschland hochziehen und den Grenztruppen der Nationalen Volksarmee Schießbefehl auf die eigene Bevölkerung erteilen.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
1707 m, 63 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Agfa Wolfen, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 08.10.1961, Berlin, Babylon

Titel

  • Originaltitel (DD) Schneewittchen

Fassungen

Original

Länge:
1707 m, 63 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Agfa Wolfen, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 08.10.1961, Berlin, Babylon