In unserem Film taucht Frankfurt nicht auf. Dennoch sind alle Außenaufnahmen hier gedreht, mitten in der Stadt. Wir haben eine ganz enge Perspektive gewählt, die einer Spurensuche. Unser Blick auf Frankfurt ist ein Blick zurück. Im Zorn schrieb da einer bittere Briefe. Zeit: vor knapp 200 Jahren, Ort: der Adlerflychthof am Oederweg, Nordend. Der Schreiber: Friedrich Hölderlin, Mitte 20, Dichter. Hölderlin war Hauslehrer bei einem reichen Frankfurter Bankier und verliebte sich in dessen Frau. Er litt unter der entwürdigenden Behandlung durch das Frankfurter Bürgertum, das Intellektuelle wie ihn mit Herablassung und Geringschätzung zu missachten pflegte. Unser Blick auf Frankfurt ist ein Blick auf einen Freund. Ein paar Straßen von uns entfernt, am Adlerflychtplatz, wohnt Herbert Stubenrauch, ein Mann, der in dieser Stadt ein paar schöne Pirouetten gedreht hat, auf die Schnauze gefallen und wieder aufgestanden ist; ein freier Geist. Die Geschichte Hölderlins treibt ihn um. Nicht nur die Vorstellung, dass, sozusagen vor seiner Haustür, eine der großen und tragischen Liebesgeschichten der Weltliteratur stattgefunden hat, sondern vor allem das Verhältnis von Geist und Geld, von Bürgertum und Bildung, von Kunst und Macht, das in der Geschichte Hölderlins in Frankfurt wie in einem Brennglas aufscheint: keine Geschichte nur von gestern.
Dieser Kurzfilm ist Teil des 1990 vom Filmhaus Frankfurt produzierten Episodenfilms "15x3 oder 6000 Frankfurt".
Quelle: Filmhaus Frankfurt
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