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Während ihres Aufenthalts in Israel verliebt sich die deutsche Biologin Maria in die Barbesitzerin Shira. Letztere hat ein enges Verhältnis zu ihrer Großmutter Berta, die sich wenig begeistert zeigt, als Shira von ihrem neuen Liebesglück berichtet. Dass ihre Enkeltochter ausgerechnet mit einer Deutschen zusammen ist, passt Berta so gar nicht. Doch das wiederum beeindruckt Shira wenig, und nach kurzem Heimataufenthalt zieht Maria kurzerhand auch schon bei Shira ein. Ebenfalls nicht lange dauert es, bis - eigentlich aufgrund eines Missverständnisses - der Heiratsantrag folgt. Um bei den anstehenden Hochzeitsvorbereitungen zu helfen, reisen Marias Eltern aus Deutschland an und lernen Shiras Familie kennen. Während alle Elternteile die Hochzeit unterstützen, versucht Oma Berta vehement die Eheschließung zu verhindern, und nicht nur deshalb kommt es nach kürzester Zeit zur turbulenten Familienfehde. Außerdem ist da noch der Palästinenser Ibrahim, der Liebhaber von Berta, die diese ebenfalls nicht ganz konventionelle Liebe unter allen Umständen geheim halten will...
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„Oh, ich glaubs nicht, wir tun es wirklich“ jubelt die deutsche Biologin Maria Müller, als sie aus dem Taxi steigt und sogleich von Shira umarmt und geküsst wird. Sie haben sich vor drei Monaten kennen- und lieben gelernt: die Stuttgarterin experimentiert für ihre Doktorarbeit zum Klimawandel mit Saatgut in kargem israelischem Sandboden. Kaum steht ihr Koffer auf der Straße, kniet Maria schon vor Shira – und ein Ring fällt zu Boden: Offenbar ein Heiratsantrag, der einen orthodoxen Juden im Vorbeigehen schimpfen lässt: „Widerlich, ekelhaft, ihr seid ein Gräuel“.
Der erste Weg der beiden jungen Frauen führt zur Oma – mit ernüchterndem Ergebnis: „All‘ diese Marias sind Zeitverschwendung“. Eine israelisch-deutsche Hochzeit mit der ganzen Familie ist für die in Polen geborene Berta, die bis auf ihre Schwester alle Familienangehörigen im Holocaust verloren hat, unvorstellbar: Maria sei schließlich „Adolfs und Evas Brut“. Besser als erwartet läuft es dagegen bei Shiras Eltern Ora und Ron Shalev und ihrer kleinen, zur Zeit bei der Armee dienenden Schwester Ella: Die Verlobung löst geradezu eine Hochzeitsplanungs-Euphorie aus.
Dabei war, wie Maria in einer stillen Stunde eingesteht, der Heiratsantrag nur ein Versehen: Sie wollte nur einen Parfumflacon herausnehmen als Geschenk für Shiva, als der Ring aus der Tasche aufs Straßenpflaster kullerte. Also keine Hochzeit? Jedenfalls aus Sicht der Deutschen keine mit 300 Gästen ganz in Weiß am Strand. Allerdings befinden sich auch Marias Eltern, Petra und Hans Müller, schon auf halbem Weg nach Jerusalem, nachdem ihre Tochter sie via Skype mit der zunächst nur vom stolzen Papa freudig aufgenommenen Nachricht überrascht hat.
Es scheint kein Zurück mehr zu geben. Zumal sich Shiras jüngerer Bruder Liam mit seiner Filmkamera als ständiger Begleiter entpuppt: Ein Dok-Kurzfilm über ein israelisch-deutsches Lesbenpaar, das sogar von einem Rabbi getraut wird, ist auch aus Sicht seiner Lehrerin das spannendste Schulabschlussprojekt dieses Jahrgangs. Als Marias friedensbewegte, palästinenseraffine Eltern eintreffen, spitzt sich der Culture Clash zu – und mündet im Holocaust-Museum in einen emotionalen Schock: Petra Müller hat das Familienalbum ihrer Eltern, überzeugte Nationalsozialisten, vernichtet und bisher aus Scham geschwiegen. Nun bricht es angesichts des Grauens in Yad Vashem aus ihr heraus – und sie fast zusammen.
Aber auch zwischen Shira und Maria kriselt es, nachdem mit Maya (Dafi Shoshana-Alpern) die gefühlt zwanzigste „Ex“ der offenbar höchst promiskuitiven Israelin auftaucht und sich persönlich verletzt über die bevorstehende Hochzeit zeigt. Nach einem Autounfall kommt es in Ibrahims Klinik zu einem großen Familientreffen – und schließlich doch zu einer großen Hochzeit ganz in Weiß. Mit freilich völlig unerwartetem Brautpaar…
„Es hassen sich hier alle, es ist alles umstritten“: Für Maria ist Israel lange Zeit kein Platz für die Liebe. Die jüdische Israelin, deren Eltern und Geschwister den Krieg als berechtigten Kampf ums eigene Überleben ansehen, und die Deutsche, deren Eltern Gewalt generell strikt ablehnen, haben mit zahlreichen Problemen der Vergangenheit und Gegenwart zu kämpfen, von der Shoa über den israelisch-arabischen Dauerkonflikt bis hin zu tabuisierten jüdischen Traditionen. So kann ein verheiratetes gleichgeschlechtliches Paar mit einem jüdischen Partner in Israel nur Kinder adoptieren, wenn der andere Partner zum Judentum konvertiert.
Trotz dieses ernsten Hintergrundes ist das autobiographisch grundierte Spielfilm-Debüt der in Venezuela geborenen und in Israel aufgewachsenen Shirel Peleg eine höchst amüsante Komödie in der Screwball-Tradition Hollywoods der 1930er Jahre. Immer wieder durchzogen von musikalisch-szenischen Einlagen des Trios Sivan Talmor, Barak Hener und Daniel Sapir. „Kiss Me Kosher“ ist 2021 mit dem Publikumspreis des Skip City International D-Cinema Festivals in Japan ausgezeichnet worden und wird am 5. August 2022 von Arte als Free-TV-Premiere gezeigt.
Pitt Herrmann