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Argentinien, im Jahr 2001: Als die schwere Wirtschaftskrise das Land erschüttert, will der Mittvierziger Julio Färber sein kleines Schuhgeschäft aufgeben und nach Deutschland ziehen, das Geburtsland seiner Mutter. Als er dann jedoch durch einen kleinen Autounfall die Taxifahrerin Mariela kennen lernt, bekommt sein Leben einen unerwarteten Impuls. Die beiden verlieben sich ineinander, und auch Julios Musikband bekommt durch die Beziehung neues Leben eingehaucht. Vor diesem Hintergrund beginnt Julio zu zweifeln, ob er wirklich auswandern soll.
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Doch Julios von den Eltern ererbtes Schuhgeschäft soll zum Imbisslokal werden und die neuen Eigentümer seiner Wohnung offenbaren weitreichende Umbaupläne, was ihm sichtlich zu schaffen macht. Ganz abgesehen davon, dass Paula gerade „die Liebe ihres Lebens“ gefunden hat und Mama Dorothe sich plötzlich als alter Baum empfindet, der nicht verpflanzt werden will. Und dann auch noch das: bedingt durch den Devisenabfluss im Zuge der Wirtschaftskrise zu Beginn der Nullerjahre kommt Julio nicht an sein in US-Dollar angelegtes Kapital heran, die Banken dürfen nur noch 250 Pesos pro Woche auszahlen.
Nach einem Crash mit der draufgängerischen jungen Taxifahrerin Mariela Martinez, die bei Rot über eine Ampel gerast ist, steht sein schrottreifer Peugeot 504 in der Werkstatt des Automechanikers Tito Godoy. Der spielt den Kontrabass im Tango-Orchester des Vorortviertels Nueva Pompeya neben Julio, der auch daheim sein heißgeliebtes Bandoneon kaum aus der Hand legt. Zusammen mit dem Pianisten Carlos Acosta und dem Geiger Atilio Fernández suchen die beiden nach einem neuen Sänger, weil der bisherige nach Europa gezogen ist.
Was vor allem von Atilio, dem Kopf der Combo und so etwas wie ein väterlicher Freund Julios, als Verrat gegeißelt wird, weshalb Letzterer die eigenen Vorbereitungen zur Auswanderung verschweigt. Auf der Suche wird die Band in einem Altenheim fündig, muss die nur „Maestro“ genannte 75-jährige Tango-Legende Ricardo Tortorella aber erst mühsam überreden. Vor dem ersten Konzert, das Julios Cousin „El José“, der für den korrupten Senator Salinas arbeitet, einstielt, ist Ricardo sehr nervös. Aber nach den ersten Klängen sind alle Zweifel verflogen – und nicht nur die Ehefrau des einflussreichen Politikers (Luz Palazón) ist förmlich hingerissen.
Die toughe Mariela, alleinerziehende Mutter des kaum zehnjährigen Pablito, der sich nur in der Gebärdensprache verständigen kann, hat sich mit Julio darauf geeinigt, den Unfallschaden in Ermangelung einer Versicherung selbst zu begleichen – in kleinen Raten versteht sich. Dafür haben Julio und seine Bandkollegen nun eine Privatchauffeurin. Auch zum Galakonzert anlässlich des Geburtstages der Senatorengattin. Bei dem der politisch engagierte Atilio fehlt: Er demonstriert mit tausenden Landsleuten auf der Plaza de Mayo gegen das Regime – und wird vom Militär in dem Augenblick erschossen, als Ricardo mit „Cambalache“ („Trödelladen“) einen der bekanntesten Tangos überhaupt singt.
Julio schält bereits in der Kombüse eines Frachters, der ihn über den Großen Teich bringen soll, Kartoffeln, als ihn die Sehnsucht packt und er im wahren Wortsinn zurückrudert: Die letzte Einstellung zeigt ihn am Bandoneon mit der nun um David (Gustavo Angeloni) ergänzten Band im Stammlokal, als Ricardo „Honrar la vida“ von Eladia Blázquez singt: „Das Leben ehren.“ Mariela und Pablito aber haben nur Augen für Julio…
„Adiós Buenos Aires“ ist ein zu Herzen gehendes Spielfilmdebüt des Berliner Regisseurs German Kral, der 1968 in Buenos Aires geboren wurde und den Tango von Kindesbeinen an aufgesogen hat. Seine 93-minütige Liebes- und Tangogeschichte spielt vor dem Hintergrund des argentinischen Staatsbankrotts zu Beginn der Nullerjahre. Die Dreharbeiten in Buenos Aires mussten im März 2020 für zehn Monate unterbrochen werden: Corona-Lockdown in Argentinien. Nach der Uraufführung am 4. März 2023 beim Miami Film Festival kommt die wunderbar melancholisch-leichte Tragikomödie am 11. Mai 2023 in unsere Kinos.
German Kral im Alpenrepublik-Presseheft: „Ich glaube, dass ‚Adiós Buenos Aires‘ einerseits aus meiner Liebe zum Tango und zu dieser Stadt entstanden ist und anderseits aus der Wut, die ich sehr oft spüre, wenn ich sehe, wie die argentinischen Politiker dieses wunderbare Land mit herzlichen und klugen Menschen aus Gier, Unfähigkeit und Korruption kaputt machen. Argentinien ist eines der wenigen Länder der Welt, denen es immer schlechter und schlechter geht. Zurzeit gibt es 50% Armut. Wie ist das möglich? Ich bin überzeugt, dass das mit der tödlichen Mischung aus Korruption und Unfähigkeit unserer Politiker zu tun hat.“
Pitt Herrmann