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Skateboard, Fußball, Jungsfreunde: Kena verweigert sich nicht nur optisch, mit ihren kurzen Haaren und dem lässigen Cap, den Erwartungen der Anderen. Ziki mit den farbenprächtigen Dreads denkt auch nicht daran, sich in ein Rollenbild zu fügen. Wie gut, dass sie beide Augen aufeinander geworfen haben! Obwohl ihre Väter in Kenias Hauptstadt Nairobi gegeneinander um ein Ministeramt kämpfen und Homophobie und religiöser Fanatismus um sich greifen, beginnen die zwei jungen Frauen ihre Anziehung mutig und selbstbestimmt zu leben. Eine bunte, queer-feministische Ansage von dem Film!
Quelle: LUCAS – Internationales Festival für junge Filmfans 2018
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Doch Kena, die einmal Krankenschwester werden will, lässt sich nicht vorschreiben, wie sie zu leben hat. Sie kickt ganz selbstverständlich mit Blacksta und seinen Freunden, trifft sich mit ihnen vor dem Kiosk von Nduta und lässt sich auch von der allwissenden Tratschtante Mama Atim nicht davon abhalten, mit den Jungs Skateboard zu fahren oder Motorrad-Ausflüge zu unternehmen. Es ist Wahlkampf-Zeit und Kenas Vater John hat im vergleichsweise wohlhabenden Peter Okemi einen ernsthaften Konkurrenten, der auch seine hübsche Tochter Ziki (die kenianische Schauspielerin und Regisseurin Sheila Munyiva) und ihre Freundinnen in die Kampagne integriert.
Kena erwischt Ziki und ihre Freundinnen, als sie Johns Wahlplakate zerstören. Daraus entwickelt sich eine Freundschaft, die für reichlich Gesprächsstoff im Slopa genannten Viertel sorgt. Und für eifersüchtige Reaktionen etwa bei Zikis bester Freundin Elizabeth. Auch Ziki hat unkonventionelle Zukunftspläne: Sie will erst einmal etwas von der Welt sehen, bevor sie sich für einen Beruf oder gar eine Familiengründung entscheidet. Als beide vor einem Platzregen in einen alten VW-Bus fliehen, kommen sie sich erstmals näher. Ein Tuktuk-Ausflug anderntags ins Vergnügungsviertel der kenianischen Hauptstadt wird dann, wie von Ziki erhofft, zum „echten Date“.
Doch Slopa hat Augen und Ohren: ein Mob holt die beiden jungen Frauen aus ihrem Liebesnest, dem VW-Bus, und prügelt so lange auf sie ein, bis Blacksta dazwischengeht. Peter Okemi und seine Gattin Rose beschließen, ihre Tochter nach London zu schicken. Und Kenas nicht weniger entsetzte Mutter Mercy, eine gläubige Christin, bittet den Pastor um eine an Exorzismus erinnernde Seelen-Reinigung. Dank ihrer guten Noten könnte Kena mit Hilfe eines Stipendiums sogar Medizin studieren…
„Rafiki“, der Titel bedeutet auf Suaheli „Freund(in)“, ist der erste kenianische Film, der zu den Filmfestspielen in Cannes eingeladen und dort am 9. Mai 2018 uraufgeführt worden ist. In Kenia selbst, wo Homosexualität noch immer unter Strafe steht, ist Wanuri Kahius auf Suaheli und Englisch gedrehter Film zunächst mit einem Aufführungsverbot belegt worden, das erst nach einer Klage der Regisseurin gelockert wurde.
Basierend auf der preisgekrönten Kurzgeschichte „Jambula Tree“ (2008) der ugandischen Autorin Monica Arac de Nyeko, erzählt „Rafiki“ von zwei jungen kenianischen Frauen, die gegen Homophobie, religiöse Dogmen und die Strenge der Eltern aufbegehren. Wobei von der im Presseheft behaupteten Geschlossenheit der afrikanischen Jugend weder im Film noch in der Wirklichkeit die Rede sein kann. Der vor Freiheitsliebe und Lebensfreude der Protagonistinnen leuchtende Film wurde im September 2018 beim Int. Festival für junge Filmfans „Lucas“ in Frankfurt/Main mit dem „Youngsters Award“ der Altersgruppe 16+ ausgezeichnet.
Wanuri Kahiu im Salzgeber-Presseheft: „Ich wusste, was es in Kenia bedeutet, einen Part wie diesen anzunehmen. Es bedeutet, sich auf unbequeme Diskussionen mit Freunden und Familie einzulassen, möglicherweise sogar auf Widerstand von Seiten der Regierung. Sam hat sich nicht abschrecken lassen und sich voll auf das Projekt eingelassen – und Kena auf ganz wunderbare Weise zum Leben erweckt. Als Sheila zum Vorsprechen kam, brachte sie ihre ganze Lebensfreude mit, sie war voller Charme und Neugier. Ihr Porträt von Ziki war die perfekte Ergänzung zu der gemäßigteren und verantwortungsvolleren Kena. Sheila hat am Anfang auch etwas gezögert. Aber ein enger queerer Freund hat sie darin erinnert, wie wichtig es ist, Sichtbarkeit zu schaffen und anerkannt zu werden.“
Pitt Herrmann