Credits
Regie
Drehbuch
Kamera
Schnitt
Musik
Produktionsfirma
Produzent
Alle Credits
Regie
Drehbuch
Kamera
Schnitt
Musik
Produktionsfirma
im Auftrag von
Produzent
Redaktion
DVD-Erstanbieter
Dreharbeiten
- Livonia, Estland
Länge:
89 min
Format:
HD, 16:9
Bild/Ton:
Farbe, Stereo
Prüfung/Zensur:
FSK-Prüfung (DE): 16.04.2014, 45455 (VV), ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei [DVD]
Aufführung:
TV-Erstsendung (DE): 05.06.2012, SWR
Titel
- Originaltitel (DE) Livland
Fassungen
Original
Länge:
89 min
Format:
HD, 16:9
Bild/Ton:
Farbe, Stereo
Prüfung/Zensur:
FSK-Prüfung (DE): 16.04.2014, 45455 (VV), ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei [DVD]
Aufführung:
TV-Erstsendung (DE): 05.06.2012, SWR
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Die späte Christianisierung hat dazu geführt, dass sich bis in die Neuzeit Götter, Mythen und Naturkulte erhalten haben. So wird die Sonnenwende am Johannistag mit Birkenzweigen als traditionellem Schmuck und mit einer ganzen Kette von Lagerfeuern am Ostseestrand gefeiert. Und das jährliche Tanz- und Singfest dient nicht zuletzt der Vergewisserung der kulturellen Eigenständigkeit des Baltikums.
Volker Koepp durchstreift mit seinem Stamm-Kameramann Thomas Plenert in gewohnt poetischer Weise ein weites, beinahe menschenleeres Land der Wälder, Moore und Seen, des einst „Livländische Aa“ genannten Flusses Gauja und der Ostsee-Küste. Es ist heute ein Land mit verlassenen Dörfern und fast nur noch von Alten bewohnten kleinen Städten.
Sein Augenmerk aber richtet Koepp bei seiner Reise durch eine weitere Kulturlandschaft Osteuropas auf die Zukunft, auf die Generation der Zwanzig- und Dreißigjährigen, die sich zumal nach dem Beitritt zur Europäischen Union dafür entschieden haben, im Baltikum zu bleiben – und alte Traditionen neu zu beleben. Im lettischen Cēsis, dem früheren Wenden mit seiner mächtigen Burg des deutschen Schwertbrüder-Ordens, trifft Koepp auf Ilva und Guna.
Erstere hat eine Zeitlang in Spanien gelebt und arbeitet als Spanisch-Lehrerin und Übersetzerin, betreibt aber auch eine kleine Kunstgalerie. Sie stellt dem deutschen Dokumentaristen später ihren frisch angetrauten Gatten Janis vor, der noch keinen festen Job hat. Ein Problem zahlreicher junger Leute, die deshalb entweder in die Metropole Tallinn ziehen oder gleich auswandern.
Was für die Naturliebhaberin Guna keine Option ist, die über das Erasmus-Programm in Deutschland studiert hat und nun als Innenarchitektin arbeitet und nebenher ihrem Hobby als Glaskünstlerin nachgeht. Sie lädt Koepp zu ihren Eltern ein, die stolz darauf sein können, in schwersten Umbruchzeiten allen drei Kindern ein Studium ermöglicht zu haben.
Die Gespräche mit dem Historiker und Uni-Dozenten Erki Tamiksaar und seinen Studenten Paula und Liina drehen sich um Deutschbalten wie die Schriftsteller Eduard von Keyserling, dessen kurländisches Herrenhaus jetzt eine Schule beherbergt, und den in Riga geborenen Werner Bergengruen. Eine Schulwandkarte von 1859 mit dreisprachigen Ortsbezeichnungen zeigt die wechselvolle Geschichte Livlands und erklärt, warum Esten und Letten heute stolz auf ihre jungen Nationalstaaten sind, die eigenständige Sprache und Kultur mit Weltoffenheit vereinen.
Dorpat, das heutige estnische Tartu, war die erste – damals deutschsprachige – Universität Livlands, deren wissenschaftliche Tradition heute wieder eine Rolle spielt. So prangte das Porträt des als „nordischer Humboldt“ verehrten Mediziners, Naturforschers und späteren Königsberger Professors Karl Ernst von Baer auf dem Zwei-Kronen-Geldschein Estlands.
Auch solche Geschichten fördern Erki Tamiksaar & Co heute zutage: Die Eltern des 1815 in St. Petersburg geborenen Zoologen Alexander Theodor von Middendorf, ein Deutschbalte und eine leibeigene Estin, durften sich unter russischer Herrschaft in der Öffentlichkeit nicht gemeinsam zeigen. Sodass der renommierte Permafrost- und Vogelzug-Forscher als Kind erst eine Schule besuchen durfte, nachdem die Behörden seinen Eltern die Heiratserlaubnis erteilt hatten. Middendorfs Gut Hellenorm ist heute ein Heim für Alte und Behinderte.
Apropos Russen. In der estnischen Hauptstadt Tallinn leben in der Sowjetzeit hier angesiedelte Russen immer noch in eigenen Stadtbezirken, wollen sich in der Mehrzahl nicht integrieren. Koepps junge Gesprächspartner sind sich einig, dass alle Menschen, die in Estland (und Lettland) leben wollen, als erstes die Sprache erlernen müssen. So ist es noch ein weiter, aktuell durch den Imperialismus Putins wieder sehr bedrohter Weg zur eigenstaatlichen Selbstbestimmung im einstigen Livland wie überhaupt im Baltikum.
Pitt Herrmann