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Die Schriftstellerin Sidonie Perceval hat den Tod ihres kürzlich verstorbenen Mannes noch nicht verwunden, da erhält sie überraschend eine Einladung nach Japan. Dort soll 40 Jahre nach dem Erscheinen ihr erstes Buch neu aufgelegt werden. In Kyoto angekommen, nimmt sich der japanische Lektor Sidonies an und zeigt ihr die Schönheiten der uralten Kaiserstadt. Doch Sidonie findet sich in einem Zwiespalt wieder: Einerseits sind da die Erinnerungen an ihren schmerzlich vermissten Mann, andererseits wird ihr klar, dass sie langsam loslassen muss, um selbst wieder zurück ins Leben zu finden.
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Sidonie hat von ihrem japanischen Verleger die Einladung zu einer Lesereise erhalten, nachdem ihr vor vierzig Jahren erschienenes Erstlingswerk in Japan neu aufgelegt worden ist. Noch auf dem Pariser Flughafen zögert sie, die Einladung anzunehmen. Denn sie trauert noch immer um ihren nach einem Autounfall verstorbenen Mann Antoine. „Ich bin ihr Verlag“: In Osaka wird sie von Kenzo Mizoguchi begrüßt. Sie muss als erstes lernen, dass das Verbeugen vor anderen Personen geübt sein will – und wer wann und wie zu grüßen ist, etwa im Luxushotel in Osaka wie in allen späteren Herbergen.
Der zunächst arg wortkarge Kenzo, der einst französische Literatur an der Sorbonne studiert hat, übernimmt sogleich die Regie der gemeinsamen Tour und hilft Sidonie, so manche Klippe im japanischen Alltag zu umschiffen. Ihre Handtasche darf sie nicht selbst tragen, was im späteren Verlauf des Geschehens zu einem Running gag mutiert. Und Hotelfenster lassen sich aus Sicherheitsgründen generell nicht öffnen. Auf langen Taxifahrten durch Japan kommen sich beide allmählich näher. Es stellt sich eine gewisse Wesensverwandtschaft heraus: Nach seiner gescheiterten Ehe und der Trennung von seiner Frau ist auch Kenzo von einer tiefen Melancholie ergriffen.
Als Sidonie sich plötzlich mit Antoines Geist konfrontiert sieht, der, scheinbar quicklebendig, erst in der Hotel-Lobby auf einem Kofferkuli sitzt und dann in ihrem Zimmer auf sie wartet, gerät sie vollkommen aus der Fassung. Weil sie nicht schlafen kann, nimmt sie einen Whiskey an der Bar – und trifft dort auf Kenzo. Der ihr erklärt, dass in Japan die Geister der Verstorbenen überall um die Lebenden herum existieren.
Was Sidonie eine ganz neue Perspektive eröffnet: Sie lässt sich, auf einem Friedhof in Kyoto und sogar beim Kartenspiel in ihrem Hotelzimmer, mit dem verstorbenen Antoine ein und findet so einen Weg, ihre Trauer zu überwinden und den Verstorbenen endlich gehen zu lassen.
Regisseurin Élise Girard im Majestic-Presseheft: „Antoines Geist ist letztlich eine ganz normale Person, was auch an einer tiefen Grundüberzeugung von mir liegt: der Tod ändert nicht wirklich etwas daran, was wir für einen geliebten Menschen empfinden oder wie wir an ihn denken.“
Die beiden nicht mehr so einsamen Menschen fahren durch das frühlingshafte Japan: einer ersten Umarmung auf einer Schiffspassage folgt der erste Kuss unter blühenden Kirschbäumen. Und Sidonie wagt sich erstmals auch allein ins Gewimmel der Einkaufsstraßen. Als sie ihren Rückflug nach Orly antritt, hat Kenzo noch ihre Handtasche umhängen…
Das Drehbuch für Élise Girards dritten Spielfilm nach „Belleville-Tokio“ und „Schräge Vögel“ entstand bei einem Stipendium-Aufenthalt des Institut Français in Kyoto. Die poetische Liebesgeschichte, mit Isabelle Huppert, Tsuyoshi Ihara und August Diehl hochkarätig besetzt, zeigt neben dem hektischen, lauten modernen Japan auch ein kontemplatives, geschichtsbewusstes, bewusst mit Traditionen lebendes Land.
Und ist daher alles andere als eine Culture-Clash-Komödie, wie sogar im Presseheft zu lesen ist. Sondern ein immer wieder auf langen Taxifahrten spielendes subtiles Road-Movie über Verlustängste und Gefühle, welche sich die Protagonisten lange Zeit selbst nicht eingestehen wollen.
Pitt Herrmann