Die Schauspielerin

DDR 1987/1988 Spielfilm

Das Spiel, das Leben heißt


Henryk Goldberg, Filmspiegel, Berlin/DDR, Nr. 24, 1988


Dies ist ein schwieriger Film, in zweierlei Betracht: Er macht es dem Publikum nicht ganz leicht, sich auf seine Eigentümlichkeit einzulassen und bereitet damit auch dem Rezensenten Schwierigkeiten: Wie verhalt" ich mich zu einem Film, den ich nach der ersten Vorführung mäßig fand, und nach der zweiten interessant? Mir bleibt wohl nichts als dem guten Beispiel einer geschätzten Kollegin vom Radio folgend, mich zu korrigieren.

Siegfried und Regine Kühn (Szenarium) erzählen nach Hedda Zinner die Geschichte der Schauspielerin Maria Rheine. Jung, blond, schön, fast zu deutsch, um wahr zu sein, talentiert noch obendrein, liebt sie den jüdischen Kollegen Mark Löwenthal. Zwischen ihnen steht kein Mann und keine Frau, sie trennt die zum Gesetz erhobene Barbarei (…)

Siegfried und Regine Kühn verzichten konsequent auf die große Liebesgeschichte, die die Brust weit macht und die Augen feucht. Im Gegenteil, sie erzählen kühl, fast im understatement. Das, die ausgefallene Liebe, will als Zuschauer erst verwunden sein und ich hoffe, der Film wird diese Hürde nehmen.

Der Punkt, von dem her die Geschichte sich ereignet, ist die Psychologie des Berufes: Die Schauspielerin. Die erste Szene ist Theater und die letzte auch. Spielend, Kleists Alkmene, erwirbt Maria sich den Mann, spielend, die Jüdin Manja Löwenthal, wird sie ihn sich erhalten.

Marias Tun wird durch Liebe sichtbar kaum getragen, die Liebe wird in der Geschichte mehr geistig gesetzt als wirklich erzählt, auch politisches Denken kommt bewußt kaum vor.

Siegfried Kühn inszeniert das sehr intensiv (mit diesem Film übrigens wohl an "Dein unbekannter Bruder" von Ulrich Weiß anknüpfend), spannungsvoll, "untergründig", unterstützt durch eine sehr gediegene Ausstattung (Hans Poppe/Katrine Cremer), die Kamera von Peter Ziesche ist sehr dicht an der Szene.

Corinna Harfouch führt die Figur von der naiven Unbeschwertheit zur tief empfindenden Frau, sparsam Zeichen setzend, karg nur Kunde gebend von ihrer Innenwelt. Zu sparsam vielleicht, gar zu karg mitunter? Ich denke immer noch: Ein wenig kräftiger hätte sie die Liebe schon behaupten können, nicht nur den Kampf darum. Dazu allerdings hätte es auch eines Partners bedurft. Mark ist Objekt nur ihres Sehnens, Lebens, im Text schon, in der Inszenierung auch. Während Michael Gwisdek sehr überzeugt mit dem wehmütig-schmerzlich im Sturm verwehenden Charme, der mühsam seine Maske wahrt, vermag André Hennicke die Intensität der Inszenierung, ihre Höhe nicht zu halten; So bleibt die Harfouch fast allein. Und: Vielleicht hätte die den Film tragende Prämisse – das Spiel – sich etwas stärker exponieren lassen, eine Art deutlicher Verabredung mit dem Zuschauer.

Am Ende spielt Maria Johanna, und dadurch wird sie wirklich Manja: "Ich will wagen und wagen bis in den Tod". Jetzt ist sie, was sie spielt, jetzt hat ihr Gesicht nach all den Masken. Das Spiel, das Leben heißt.

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