Neues vom Wixxer
Neues vom Wixxer
Von Jörg Gerle, film dienst, Nr. 6, 2007
Oliver Kalkofe ist eigentlich gar nicht lustig – im Gegenteil: Er gehört zu den ernstesten Komikern, die das deutsche Fernsehen kennt. Seine Aufgabe in seinem erfolgreichen Comedy-Format "Kalkofes Mattscheibe" besteht darin, den Bodensatz deutscher Unterhaltungskultur zu outen und bierernst, allenfalls im passenden Kostüm, treffend zu kommentieren. Als gnadenloser Analytiker von Deutschlands schlechtem Geschmack war Kalkofe eigentlich stets nur Bote all dessen, was man nur ertragen kann, wenn man darüber lacht; und von daher hatte "Kalkofes Mattscheibe" sicherlich die höchste Lacherdichte im deutschen Fernsehen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die ganz besondere Qualität des "Wixxer"-Projekts. Aus heutiger Sicht betrachtet, ist die populäre Edgar-Wallace-Kinofilmreihe der 1960er- und 1970er-Jahre "Trash" reinsten Wassers: Schwarze Äbte, Frösche mit Maske und Mönche mit Peitsche oder auch die "Hexer"-Musik von Peter Thomas sind voller ungeahnter (unfreiwilliger) Komik. Wer wäre da ein besserer Entlarver als Oliver Kalkofe? Doch im Gegensatz zur Volksmusik und Hornhautfeilen-Werbung im deutschen Fernsehen liebt und bewundert der ursprünglich als Radiomoderator arbeitende Kalkofe die Wallace-"Klassiker" aus tiefstem Herzen. Aus Respekt, gepaart mit dem ihm eigenen unnachahmlichen Lästermaul, entsteht nun plötzlich eine komödiantische Hommage, die ihresgleichen sucht. In diesem Spannungsfeld gelingen immer wieder Pointen, von denen man nie zuvor geträumt hat. Der Kinofilm "Der Wixxer" (fd 36 496) darf in diesem Zusammenhang durchaus als ein Klassiker deutscher Komik bezeichnet werden.
Auch wenn der zweite Teil nicht mehr ganz an die Klasse seines Vorgängers anknüpfen kann, ist er doch immer noch um Welten besser als alles, was Hollywood aktuell in der Parodie-Sparte zu bieten hat. Ein Grund dafür, warum "Neues vom Wixxer" nicht mehr ganz so mitreißt, ist, dass Kalkofes Interesse an den Wallace-Stoffen ein wenig erlahmt ist und die wiedererkennbaren Zitate bereits vom ersten Teil aufgezehrt wurden. Der Frosch, der Abt, der schwülstige Scotland-Yard-Chef Sir John, die schwarz-weißen Zonen im Farbfilm und mithin der Wixxer selbst sind freundliche Leihgaben aus der ersten Folge und damit nicht mehr ganz so originell. Die zeitlos komische Kernhandlung aus dem ersten Film um einen Mops-züchtenden Earl, der im Keller Menschenhandel mit potenziellen Girlgroups treibt, ist sowieso nicht mehr zu überbieten.
So ist der Kern der neuen Geschichte allenfalls wegen Edgar-Wallace-Ikone Joachim "Blacky" Fuchsberger interessant: Der spielt mit Mut zur Selbstironie Lord Dickham, den im Ruhestand befindlichen Leiter von Scotland Yard, dessen Tochter auf einer Todesliste auftaucht; und diese Liste stammt von jemandem, der eigentlich nicht mehr leben dürfte: dem Wixxer! Wer aber ist dieser neue Wixxer, der sich anschickt, seine Liste binnen 24 Stunden abzuarbeiten? Wie können Inspector Long und vor allem sein umtriebiger Chef Even Longer die schöne Victoria Dickham schützen, die der erfolgreiche Schmuddelpolizist tief in sein eigentlich liebesunfähiges Herz geschlossen hat? Auch wenn "Neues vom Wixxer" etwas abfällt, ist er immer noch gut für einige denkwürdige komische Szenen. Christoph Maria Herbst als ehemaliger Butler Alfons Hatler aus Teil 1 hat umgesattelt und leitet nun eine höchst zwielichtige Irrenanstalt. Er ist der einzige, der die Absurdität und den Wahnwitz im Follow-up sogar noch steigern kann. Seine Karaoke-Performances haben das Zeug zum Evergreen. Der gnadenlose Gag-Rundumschlag – sicherlich Co-Drehbuchautor und Nebendarsteller Bastian Pastewka zu verdanken – sowie die hohe Star-Dichte haben zudem zur Folge, dass der eine oder andere verpuffende Gag nicht weiter ins Gewicht fällt. Im Idealfall geht es dem zweiten Teil der wohl immer noch nicht ausgeschöpften "Wixxer"-Reihe wie seinem Vorgänger: Er reift mit der Zeit wie ein guter Wein. Ein Umstand, der diesen Kinoreigen deutscher Fernsehprominenz wohltuend von Vorgängern wie den "Supernasen" unterscheidet, denen auch die Jahre nichts von ihrer Geschmacklosigkeit genommen haben.