Hotel

BR Deutschland 1975/1976 Experimentalfilm

filmportal.de TV-Tipp zu "Hotel"

Anässlich der Ausstrahlung auf ARTE, 2008

Tief in einem finsteren Märchenwald liegt das renommierte Landhotel, in dem Irene eintrifft, um ihren neuen Job als Rezeptionistin anzutreten. Sie ist guter Dinge, lässt sich das Haus zeigen und in ihre neuen Aufgaben einweisen. Doch die anderen Angestellten verhalten sich überwiegend reserviert, fast feindselig. Und es gibt einige Merkwürdigkeiten in diesem Hotel, seltsame Geräusche, rätselhafte Geschichten. Überall lauert eine unergründliche Dunkelheit, nicht nur im Wald, der das Hotel zu belagern scheint, auch im Hotel selbst, wo das Licht in den weitläufigen Kellern immer sehr schnell erlischt – wegen der Zeitschaltuhr, aus Gründen der Sparsamkeit. Irene findet heraus, dass ihre Vorgängerin spurlos verschwunden ist; weitere Auskünfte erhält sie dazu nicht. Bald sieht sich Irene selbst von finsteren Mächten bedroht, was irgend etwas mit der Legende um die Waldfrau zu tun haben könnte, eine Hexe, die vor Jahrhunderten auf dem Scheiterhaufen starb...

Jessica Hausner versteht es meisterlich, eine Atmosphäre des schleichenden Grauens aufzubauen, ohne dass sie tatsächlich Schreckensbilder zeigt. "Hotel" präsentiert sich wie ein Horrorfilm, arbeitet geschickt mit Genremotiven, die wir alle so gut kennen, den dunklen Kellern, verdächtigen Gestalten, bösen Vergangenheiten. Dabei fließen die Elemente der äußeren Welt und der Phantasie der Protagonistin ineinander, bis sie nicht mehr zu unterscheiden sind. Hausner findet hinreißende Details, die das Einbrechen des Irrationalen in die gewöhnlichsten Vorgänge symbolisieren. Etwa eine Essensszene, in der wir in einem harmlosen (oder etwa doch nicht so harmlosen?) Grießnockerl in Irenes Suppe den Kopf der Waldhexe erkennen.

Auf eine Konkretisierung des Schauerlichen wartet man allerdings vergebens – sehr zum Vorteil des Films, der uns vor Augen führt, wie sehr unsere Wahrnehmung geschult ist, auf bestimmte Schlüsselreize zu reagieren. "Hotel" ist ein virtuoses Spiel mit unseren Filmerfahrungen, unseren Filmerwartungen und unserer Einbildungskraft, und darin nicht nur im Kontext deutschsprachiger Produktionen äußerst ungewöhnlich.

Doch der Film hat noch mindestens eine ganz andere Ebene: Vielleicht sind das Unheimlichste an diesem Hotel nämlich nicht die fraglich bleibenden metaphysischen Geheimnisse. Vielleicht sind es die Menschen, die in ihrer stumpfsinnigen Unzugänglichkeit und Kälte den größeren Horror erzeugen.

 

 

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