Doktor Dolittle und seine Tiere [einteilige Fassung]
Dolittle-Nachmittag
Hans Feld, Film-Kurier, Nr. 299, 17.12.1928
Kindervorstellung in der "Alhambra", zugunsten der Waldenburger. Einem aufgeregten Haufen von Kindern führt Lotte Reiniger ihre ersten drei Dolittle-Scherenschnittfilme, die von Paul Dessau mit Musik von Weiss, Hindemith und Dessau untermalt wurden, vor.
Die Kinder sind gekommen um zu sehen. Also unterhalten sie sich bei der Strawinski-Ouverture, ohne auf den Onkel Kapellmeister und die Dissonanzen seiner Truppe Rücksicht zu nehmen; vielleicht dachten sie auch, das Orchester stimme bloß die Instrumente.
Und als Elisabeth Bergner, die sich für die gute Sache zur Verfügung gestellt hatte, begann, "Dr. Dolittles Stierkampf" zu rezitieren, rief ein Kind ganz enttäuscht aus: "Wird das ganze nur gelesen?!"
Es wurde aber nicht, und so gab es Jubel über Trubel. Die Erwachsenen waren fast noch mehr begeistert als die Kinder. Denn Lotte Reiniger hat es heraus, den Realitäten des Lebens aimable Schnörkel abzugewinnen.
Ihr Löwe sichert sich seinen Abgang, indem er seinen Schwanz graziös als Schleppe trägt: Papageien handhaben Tennis-Rackett und Ball mit professionaler Gewandtheit und zum Schluß gibt es, wie bei Shakespeare-Stücken, Tanz als Abgesang.
(Daß Lotte Reiniger inzwischen technisch viel gelernt hat – sie holt aus dem begrenzten Material durch Wechsel von Großaufnahmen und Totale Variationen heraus, die den Mangel an perspektivischen Möglichkeiten ersetzen – sei nebenbei erwähnt.)
Besonders begeistert zeigte sich der kleine Junge eines bekannten Berliner Kritikers, der, das den Besuchern zugesteckte Dolittle-Quartett der Lotte Reiniger auf dem Schoße, von einer schrankenlosen Zustimmung und folgewilligen Bereitschaft war, die man beim Papa leider vermißt.
Es ist doch etwas schönes um Kinder-Vorstellungen und Kinder.
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