Germanikus

Deutschland 2001-2004 Spielfilm

Germanikus



Rüdiger Suchsland, film-dienst, Nr. 7, 01.04.2004

"De Germanen, des war"n halt die Grattler, so wie die, die da heute rübermachen." Zu spät kommen sollte man nicht, denn wenn Gerhard Polt gleich am Anfang noch mit Strickjacke in einem zeitgenössischen Durchschnittsbüro sitzt und seine sehr persönliche Version vom Untergang des Römischen Reichs zum Besten gibt, dann ist er ganz in seinem Element: Anhand von Römertopf, "Tacitos-Tacos" und Erlebnissen aus dem Italienurlaub wird kurz und knapp die Geschichte des Abendlandes skizziert – eine genial-abgründige Miniatur des alltäglichen Spießertums, wie man es bereits aus "Kehraus" (fd 24 295) und "Man spricht deutsh" (fd 26 639) kennt. Im Prinzip könnte man dann auch schon wieder gehen. Denn kurz darauf beginnt, als Traumerzählung eingeführt, eine Zeitreise, die den Kabarettisten nach "Sumpfing in Süd-Germanien" führt. Der von Polt gespielte Hermann, ein fauler, nichtsnutziger Drückeberger, zieht als einziger seines Dorfs nicht mit in den Völkerwanderungskampf. Kurz nach der Rückkehr der schwer geschlagenen Überlebenden wird er nach Rom entführt und dort als Sklave verkauft. Über die Zuneigung seiner neuen Herrin Tusnelda steigt Hermann schnell zum Gladiatorentrainer und einige Zeit später zum römischen Kaiser auf. Fazit: "Man hat’s ja nicht einfach als Germane im Ausland."

Auch dem Kinozuschauer wird es nicht leicht gemacht. Denn in Polts Rom ist zwar alles wie in der Gegenwart, nur unendlich langweiliger: Die Witze erweisen sich als Rohrkrepierer, die Pointen sind so schal wie abgestandener Met. Immer wieder fühlt man sich an den quälend- ranzigen Pennälerhumor eines altsprachigen Gymnasiums erinnert, der überdies nur den Teilnehmern des Latein- Leistungskurses zugänglich war. Aber selbst das wäre zuviel des Lobes, denn humanistische Bildung ist bei "Germanikus" keineswegs vonnöten. Fast drängt sich der Eindruck auf, die anvisierte Zielgruppe wäre genau jene Klientel, deren derben teutonischen Humor Polt vor einigen Jahren noch herzerfrischend parodierte. Ein wenig muss man ihn aber wohl in Schutz nehmen; denn an Polt allein liegt es nicht, dass "Germanikus" auf ganzer Linie enttäuscht. Zu hektisch und lieblos hastet die Regie durch die Story, Bilder und Story finden keinen Rhythmus, werden nur abgespult, die Kamera wirkt uninspiriert. An der Grenze zur Peinlichkeit liegt der Auftritt von Tom Gerhardt, der einen todessüchtigen Frühchristen mimt, der es nicht erwarten kann, endlich zum Märtyrer zu werden. Nur in den wenigen Szenen, in denen sich Polt und Gisela Schneeberger Zeit lassen, ahnt man, was möglich gewesen wäre und wie "Germanikus" zu einer Komödie hätte reifen können. Prinzipiell dürfte es eine Fehlentscheidung gewesen sein, mit Polt einen Stoff zu avisieren, der nahezu jeden Gegenwartsbezug ausschließt; was man erneut spürt, wenn sich am Ende die zeitliche Klammer schließt. Zwar sind die groben Scherze über den Papst und das Spiel mit einer kleinen Plastiknonne kaum geschmackvoll, immerhin aber vermögen sie provozieren – was man vom Rest des Films nicht sagen kann.

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