Prinz Kuckuck
Prinz Kuckuck
In aller Stille hat sich ein Werk vollendet, das abseits steht von dem, was die Kinematographie bisher geschaffen hat. Nicht nur die deutsche, sondern die Kinematographie.
Die in gefestigtem Grunde verankerte "Gloria-Film-Gesellschaft" wird in wenigen Tagen vor die Öffentlichkeit den ersten Teil des nach dem berühmten Roman von Otto Julius Bierbaum geschaffenen Film "Prinz Kuckuck" bringen. Die größte Tat! Der literarische Film, die Sehnsucht aller derjenigen, die in der Lichtspielkunst mehr als nur die Unterhaltung sehen, war bisher nicht Erfüllung, es blieb bei Versuchen, die der Literatur schadeten und dem Film nicht nützten. Und den Bekennern zur literarischen Note im Film schien es als ein Unternehmen von mehr als zweifelhaftem Wert und Erfolg, Bierbaum sehr stark mit dem Film verquickt zu sehen. Wie ganz anders stellt sich nun aber die Frucht der Arbeit dar! Neue Perspektiven! Jetzt haben wir es: Nicht die inhaltlich sklavische Wiedergabe kann die psychologischen Feinheiten des literarischen Werkes auf die Leinwand zaubern, die technische Seite, das rein Bildhafte ist die Hauptsache, und beide ermöglichen den Genuß des Psychologischen im Film. Dennoch bleibt die Spannung vorhanden, dennoch die dramatische Handlung von unerhörter Wirkung.
Wie ist es möglich? Der Verstehende steht beim ersten Anschauen dieses Werkes vor einem Rätsel, und erst langsam kommt man hinter das Wesen dieser künstlerischen Offenbarung. Hier gibt es nicht den Verfertiger des Manuskriptes, das nun vom Regisseur in Bilder umgesetzt wird, aus denen der Photograph das Beste herauszuholen versucht, sondern hier beugt sich alles unter den Willen einer einzelnen, einzigartigen Persönlichkeit, in der sich gleichsam der Nachdichter und der Neuschöpfer die Hand reichen.
Dieser Mann ist Paul Leni, der Maler-Regisseur. Er zwingt alle technischen Filmmöglichkeiten unter seinen Bann, wie er den Betrachter zwingt, ihm in Begeisterung zu folgen. Das ist ein neues Prinzip, herausgewachsen aus der selbstschöpferischen Idee, nicht jene konstruierte Idee, die immer nach der Studierstube aussieht, sondern jene Idee, der nach dem Dichterwort der göttliche Funke innewohnt. (...)
Für die deutsche Industrie bedeutet dieser Film das goldene Blatt in dem Buch seiner Geschichte. Prinz Kuckuck ist in der Tat der deutsche Film, der schützend an der Grenze Deutschlands steht, und nach dem das Ausland verlangend greifen wird. Und es sei wiederholt: es ist ein Werk vollendet, das abseits steht von dem, was die Kinematographie bisher geschaffen hat. Nicht nur die deutsche, sondern die Kinematographie.