Die Bettwurst
Die Bettwurst
A.W., Film-Beobachter, Nr. 7, 13.02.1971
Ein Antifilm, ein Film (mit dem ergänzenden Titel "Eine humoristische Dialektik"), der alle gängigen Filmverhaltensweisen auf den Kopf stellt, der konsequent alle Heldenklischees des durchschnittlichen Gebrauchsfilms ins Gegenteil verkehrt: Hier werden keine Helden, nicht einmal Prototypen vorgestellt, sondern zwei Leute, die weniger als durchschnittlich, eher dumm und häßlich sind. Mithin nach allen Filmerfahrungen etwas, was für gewöhnlich die Leute aus dem Kino treibt, oder – da dieser Streifen im Fernsehen erstaufgeführt wurde – zum Abschalten des TV-Gerätes veranlaßt. Doch dieses seltsame Paar, das nicht einmal im Negativen – etwa im Sinn von interessant abstoßend – attraktiv ist, vermag Mitgefühl zu wecken.
Da artikulieren sich in primitiver Sprache, mit kreischendem, dialektverschobenem Tonfall ein gehemmter junger Mann und ein halb verwelktes, körperlich unproportioniertes Mädchen. Sie lernen sich kennen, lieben sich und schenken sich anläßlich ihrer ersten gemeinsamen Weihnachten eine kleine Nackenrolle, die sie "Bettwurst" nennen, und finden das alles wunderbar. Und dieser Film – balancierend zwischen Groteske, komischer Nummer und anrührendem Schicksal – hat eine merkwürdige Bannkraft: Die film-ungewöhnlichen Protagonisten, die Anti-Helden mit ihren treffend wiedergegebenen Klein-Leute-Dialogen nehmen sich in der Tat fesselnd aus – von ähnlich film-ungewöhnlicher Neuheit wie authentische Volks-Typen in amerikanischen Underground-Filmen.