Rosalie Goes Shopping
Rosalie goes shopping
Peter Hasenberg, film-dienst, Nr.22, 31.10.1989
Die „pfundige“ Marianne Sägebrecht ist wieder da, und diesmal bringt sie gleich eine achtköpfige amerikanische Familie mit. Percy Adlon rundet mit „Rosalie goes shopping“ eine Trilogie ab, die mit „Zuckerbaby“ (fd 25156) begann und mit „Out of Rosenheim“ (fd 26 487) ihren Höhepunkt hatte: Märchen von der dicken Frau mit dem Herz auf dem rechten Fleck, die ihre Träume und Wünsche zu verwirklichen weiß. Marianne Sägebrecht heißt diesmal Rosalie, und die stammt aus Bad Tölz, ist aber nach dem Krieg ihrem Liebling, G.I. Ray, nach Stuttgart, Arkansas, gefolgt. Während der liebenswert-versponnene Gatte in den Wolken schwebt, mit einer einmotorigen Propellermaschine die Äcker besprüht und am Himmel seine verrückten Kreise zieht, steht Rosalie mit beiden Beinen auf der Erde und kümmert sich um das materielle Wohl von Ray und den sieben Kindern. Rosalie lebt auf Kredit. Mit kleinen Lügen und Scheckbetrügereien sorgt sie dafür, daß ihrem Mann und den Kindern alle Wünsche erfüllt werden, vom Computer bis zum Flugzeug. Täglich führt ihr Weg in den Beichtstuhl, wo sie ihre Sünden loswerden kann. Aber ein schlechtes Gewissen kennt sie eigentlich nicht; so wie sie es sieht, tut sie nur das, was von den Bürgern verlangt und in der Fernsehwerbung angepriesen wird: Konsum auf Pump. Je größer die Schwierigkeiten mit den halsbrecherischen Finanzierungen der Träume, desto kühner werden Rosalies Pläne. Mit Hilfe des Computers, den sie ihrer Tochter zum Geburtstag geschenkt hat, „hackt“ sie sich in die Datensysteme von Banken und Firmen. So macht sie Millionen locker, gründet am Ende sogar eine Firma und trägt sich mit Plänen, auf multinationaler Ebene zu operieren.
Auch Percy Adlon lebt auf Kredit. Mit „Rosalie goes shopping“ hat er sein Kapital, das ihm seine glänzende Hauptdarstellerin eingebracht hat, leichtfertig verspielt. Da kann auch die gewichtige Sympathieträgerin nichts mehr retten, wenn die Geschichte reichlich dünn geworden ist. Eine gravierende dramaturgische Schwäche des Buches liegt schon darin, daß es kaum Entwicklungsmomente gibt. Anders als in „Zuckerbaby“ oder in „Out of Rosenheim“ geht es nicht um die Geschichte einer Emanzipation und die Entwicklung einer Beziehung. Rosalie hat alles, was sie sich wünscht; was sie noch anhäuft, sind rein materielle Güter. Die Seitenhiebe auf die moderne Konsumgesellschaft sind schnell ausgereizt. Die Einfälle wiederholen sich. Wenn Rosalie zum x-ten Male zur Beichte geht und der Priester sich die Haare rauft, wird das Lachen allmählich gequält. Der Film plätschert dahin, ohne daß der Zuschauer mit den Figuren, denen – zum Teil willkürlich – bestimmte Macken angehängt worden sind, richtig warm wird. Ohne das gelegentliche Aufblitzen der entwaffnenden Naivität und Schlitzohrigkeit, die Marianne Sägebrecht über die Leinwand bringt, würde der Film wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. So bleibt ein eher belangloser, mäßig unterhaltender Film, der für alle, die die Vorgänger kennen, eine herbe Enttäuschung sein dürfte.