Berlin. Die Sinfonie der Großstadt

Deutschland 1927 Dokumentarfilm

Edmund Meisel über seine "Berlin"-Musik

Die Komposition des Films "Berlin, die Sinfonie der Großstadt"


Ich habe, nicht des Effektes wegen sondern um die Klangfarben meiner Komposition der Wirklichkeit anzupassen, technische Instrumente verwandt, allerdings alles noch begrenzt, um nicht durch zu gewaltsame Neuerungen die Aufnahme zu erschweren. Mein Bestreben geht dahin, eine musikalische Vorstoß-Arbeit zu leisten, die dem Ohr natürlich, ohne Anstrengung eingeht, meine Hoffnung, daß der Zuhörer sie sogar als altbekannt, als die Musik seiner täglichen Umgebung empfinden wird.

Die Uraufführungskopie ist für ein Orchester von 75 Mann geschrieben gleichwohl liegt im Druck eine Bearbeitung für kleinere Besetzung vor, denn diese Sinfonie soll nicht nur zu großen Premieren, sondern überall und immer wieder gespielt werden können. Sie zerfällt im wesentlichen in folgende Teile:

Aus der wellenförmigen, periodischen Urform entsteht in maschinellem Rhythmus das Leitmotiv "Berlin", das sich als Versinnlichung des Panoramas zum Bläserchoral erweitert – Viertelton-Akkorde der schlafenden Stadt – Arbeitsmarsch – Maschinenrhythmus – Schulkindermarsch – Bürorhythmus – Verkehrsrhythmus – Kontrapunkt des Potsdamer Platzes – Mittagschoral der Großstadt – Verkehrsfuge – kontrapunktisches Stimmgewirr – Sportrhythmus – Signalmusik der Lichtreklamen – Tanzrhythmus – Steigerung aller Großstadtgeräusche in kontrapunktischer Durchführung der Hauptthemen zur Schlußfermate "Berlin". Für die Momente, in denen der Totalitätseindruck unbedingt erforderlich ist, werden Teile des Orchesters in den Zuschauerraum postiert.

Diese Komposition ist meine größte und liebste Arbeit. Meine größte Genugtuung würde sein, wenn der Zuschauer fühlt, daß dieser Film und diese Musik ihn etwas angehn – vor allem der Berliner, der zu beidem Modell gestanden hat.

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