Die Geierwally
Die Geierwally
Horst Axt, Film-Echo, 05.09.1956
Über Peter-Ostermayr-Filme läßt sich nie streiten, auch nicht bei ihrer Kritik. Dies weder in künstlerischer, noch in geschäftlicher Hinsicht. Theaterbesitzer, Publikum und Rezensenten, so sie den Film nicht über einen Kamm scheren, wissen bei Ostermayr-Filmen von vornherein, daß sie ein handfestes Thema vorgesetzt bekommen und dessen filmische Realisierung sauber, gekonnt, bis ins Letzte durchgefeilt ist. Bei der "Geierwally", deren Erstverfilmung nach dem gleichnamigen Roman von Wilhelmine v. Hillern mit Heidemarie Hatheyer in der Titelrolle noch in bester Erinnerung ist, könnte vielleicht eine gewisse Skepsis aufsteigen. Eben weil der erste Film ein großartiger, vor allem auch in schauspielerischer Hinsicht war. Remakes sind immer gefährlich und meistens schlechter als ihre Vorbilder, wie uns gerade die jüngste Vergangenheit des öfteren zeigte. Hier ist dies, das sei mit Nachdruck festgestellt, nicht der Fall. Es ist kein Abklatsch, nicht in der Regie, nicht von der Darstellung her, ja nicht einmal in der Gesamtauffassung des höchst dramatischen Themas. Ein neuer Film in des Wortes wahrster Bedeutung, der Prototyp eines heimatnahen Films, ohne ein Heimatfilm neuzeitlich kassenspekulativer Provenienz auf Kosten absolut mißverstandenen und unterschätzten Publikumsgeschmackes zu sein.
Über Handlung sowie Hintergründe des farblich ausgezeichnet gelungenen, fotografisch mit einmaligen Motiven, Stimmungen und Bildschöpfungen (Franz Koch) sowie herzhaften Schnitten (Claus v. Boro) brillierenden Films sagt das vorbildliche Start- und Pressematerial (Dr. Kurt Wortig) mehr als genug aus. Ich will herausstellen, was mich zuvorderst an der neuen "Geierwally" bestach: die kluge, straffende Regie Franz Caps, die darstellerische Bravourleistung Barbara Rüttings und die unauffällige, aber gerade deshalb so dramatisch steigernde Musik von Bernhard Eichhorn. Vielleicht hätte man den Hauptpartner der Wally (Carl Möhner) intensiver besetzen können, von einem ins Auge fallenden Manko kann allerdings keine Rede sein.Weit über Rahmen allgemeinen schauspielerischen Könnens fielen mir insbesondere auf: Franz Pfaudler als Höchstbauer, Maria Hofen in der Rolle einer Altmagd, der unverwüstliche Heinrich Hauser, die sparsam-reiche Kunst von Walter Jansen, Til Kiwe als Zweitpartner Barbara Rüttings und der selten zu sehende, aber desto eindrucksvollere Beppo Schwaiger. Auch ein neues, recht vielversprechendes Nachwuchsgesicht hat Peter Ostermayr vor die Kamera und der Regisseur behutsam in den Angelpunkt des Handlungsablaufes gestellt, die aparte Helga Neuner. Sie wird sicher noch mehrmals auf der Leinwand begegnen.
In der Tat, Barbara Rütting trägt den Film. Ihre Dialektik, die naturgemäß des an sich notwendigen süddeutschen Akzentes mangelt, ist so varianteneich, daß es kaum auffällt, was an dem fehlt, das die Hatheyer seinerzeit natürlicherweise mitbrachte. Nicht minder ausdrucksstark aber ist ihr Gesicht, immer echt, niemals Maske. Die Könnerschaft Franz Kochs tat ein Übriges, den überaus schwierigen Titelrollenpart einigermaßen zu erleichtern. – Wo "Die Geierwally" aufgeführt wird und dem Publikum der Hinweis auf den Heimatfilm, der er nicht ist, erspart bleibt, ist uns um den Erfolg in allen Landstrichen des Bundesgebietes keineswegs bange.