Ein Mann für jede Tonart

Deutschland 1992/1993 Spielfilm

Ein Mann für jede Tonart



Dietrich Kuhlbrodt, epd Film, Nr. 02, 1993

Eine Sängerin kann sich nicht zwischen zwei Liebhabern entscheiden. Doch als sie schwanger wird, weiß sie zu wählen: gegen die Abtreibung. Süße Zwillinge sind der Lohn, und auf der Tonspur jubelt es minutenlang: "Habe Dank!". – Peter Timm ("Go Trabi Go, Manta – der Film) Setzt den Roman in eine Mischung von Yuppiekomödie und Melodram um – im Stil der fünfziger Jahre. Held ist ein Porschefahrer, der als Theaterarzt hyperventilierenden Diven hilft. Die Frauen dieses Films leben auf nostalgisch-provozierende Art für den Mann, braten ihm das Abendessen und vernachlässigen den Beruf. Weinend schluchzen sie vor dem Fernsehgerät, wenn dort ein Schwarzweißfilm mit Claus Biederstaedt läuft.

Die Mischung könnte reizvoll und genießbar sein, wenn sie gelungen wäre. Leider ist das nicht der Fall. Stilistisch traf der Film eine Entscheidung für etwas anderes: für eine Art Werbefilm des positiven Lebensgefühls. Jeder, aber auch jeder trägt ein aufgesetztes, immerwährendes, wenn auch gelegentlich leidvolles Lächeln. Lebensfreude macht glücklich! Product Placement macht den Ochsenknecht zum Werbeträger für eine bekannte Zigarettenmarke. Und wie Werbeblöcke zerschneiden Gastauftritte in eigener Sache die Filmhandlung. Der weithin bekannte Volksbarde Heino läßt sich während der Platteneinspielung eines Weihnachtsliedes filmen, zu dem Regisseur Peter Timm den Text schrieb. Die stellvertretende Franktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Herta Däubler-Gmelin, stellt als Kantoristin ihre mangelnde schauspielerische Begabung unter Beweis (unfreiwillig leider, wie denn auch die Inszenierung dieser Kirchenszene völlig mißlungen ist). Ja, und der leibhaftiger Minister für Filmförderung des Landes Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Clement, repräsentiert in einer Einlage (Büfett) auf Schloß Morsbroich bei Leverkusen, und wer denkt nicht daran, daß die Filmstiftung NRW Ansprechpartner für die Filmfinanzierung war. Bei so viel Platzierungen wird sich der Hauptfinanzier, die Bayerische Filmförderung, freuen, daß der Film so entschieden und melodramatisch ergriffen fürs Mutterglück plädiert. Streng verweist die Schwangere eine Abtreibungsfreundin des Raums, und dann kommt der Film ernst und bedeutungsvoll zur Sache: Schwangerschaftsgymnastik (ein Lehrfilm), Mutterglück (eine Botschaft) und Walzertakt (Porschewerbung). – Neo-Adenauerzeit.

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