Gelbe Sorte
Gelbe Sorte
Frankfurter Rundschau, 5. März 1987
Wer Spaß am Interpretieren hat, brauchte sich keinen Zwang anzutun. Ein offensichtlich junges Filmteam aus der bis dahin filmisch unerwähnten Provinzmetropole Münster ließ sich aus über Landwirtschaft, Liebe, Subventionen und Kriminalität. Über die chinesische Kulturrevolution und den Jahrtausende alten Kampf des Menschen gegen die Natur.
Solch temperamentvolle Rundumschläge boten reichlich Gelegenheit für naheliegende und fast mehr noch für weithergeholte Auslegung - nicht etwa weil der Film Themen raffiniert abhandelte, sondern weil er im Gegenteil nach einem zwar subjektiv durchdachten, objektiv aber großzügig-chaotisch wirkenden Auswahlprinzip verfuhr. Zudem war die Tonqualität teilweise schlecht, was ebenfalls nicht gerade zur Klärung beitrug.
Je nach persönlicher Ausgangslage des Betrachters ergaben sich deshalb unterschiedliche Entwicklungen und insbesondere Lösungen, bei denen die Bandbreite von zynisch bis übermütig-optimistisch variierte. Aber wie auch immer, jede Sequenz prägte sich ein durch ihre Dichte und Stimmigkeit, was die menschlichen Beziehungen und die Atmosphäre betraf. Viel Originalität war im Spiel, viel Humor, eine ganz offensichtliche Liebe zum Münsterland und ein begründeter Haß auf eine Steuer- und Subventionspolitik, die Monokulturen schafft, landwirtschaftliche Überschüsse sinnlos vernichtet und Arbeitsethos in kriminelle Energie umwandeln kann. Hinsichtlich der Polemik könnte hier der Dokumentarfilmer Peter Krieg Pate gestanden haben; hinsichtlich der Sensibilität für vitales Kino kann man gespannt sein, was von Autor Robert Bramkamp und seinen Freunden nachkommt.