Asterix in Amerika

Deutschland 1991-1994 Animationsfilm

Asterix in Amerika


Oliver Rahayel, film-dienst, Nr. 20, 27.09.1994

Dass die Bewohner des kleinen gallischen Dorfes am Westrand des Reiches nur deswegen den Besatzern Widerstand leisten können, weil ihr Druide ihnen regelmäßig einen Zaubertrank mixt, wissen die Römer schon lange. Erst jetzt aber kommt Cäsar auf die Idee, diesen Mann gefangen zu nehmen und in die Verbannung zu schicken. Damit der Druide ganz sicher nicht zurückkommt, wird er ans Ende der Welt verschifft, dorthin, wo die Weltscheibe sich bedrohlich ihrem Rand nähert. Aber Asterix und Obelix, der pfiffige Zwerg und der gutmütig-dumme Koloss, bleiben der maritimen Römermission auf den Fersen. In einem Unwetter landen die drei Gallier samt Hund nicht etwa am Ende der Welt, sondern am Ufer einer anderen, der Neuen Welt. Deren federgeschmückte Bewohner stellen die Gallier zwar zunächst an den Marterpfahl, aber bald schon freunden sich beide Seiten an. Bleibt die Frage, wie die Helden in die Heimat zurückkehren sollen.

Was die Comic-Umsätze angeht, ist das Interesse an den Abenteuern der wehrhaften Gallier ungebrochen. Die witzigen Zeichnungen und die an Zitaten und Referenzen reichen Dialoge, die allerdings nach Meinung vieler Fans nach dem Tod des Texters René Goscinny im Jahr 1977 gelitten haben, unterhalten noch immer alle Alterklassen. Die Filmversionen der Comic- Abenteuer überzeugten indes nicht immer, weder die Zeichentrickversionen noch die Realfilme der jüngeren Zeit. Neun Jahre nach der Erstaufführung kommt "Asterix in Amerika" (fd 30 998) erneut in die Kinos; auch dieser Film, eine deutsche Produktion mit mäßig ausgereifter Animation, bleibt oft im Kalauer stecken. Aber selbst den letzten Ansätzen von originärem Witz wird in der aktuellen Wiederaufführung nun der Garaus gemacht. Während die Sprache der Römer unangetastet blieb, artikulieren sich die Gallier auf eine Weise, die dem Betrachter ein großes Comic-Fragezeichen über dem Kopf wachsen lässt. Der Druide Miraculix heißt plötzlich Magicdrinkmix, Obelix’ putziges Hündchen Idefix neuerdings Pitbullix, und anstatt auf Wildschwein treibt die Helden ein permanenter Hunger auf Döner an. Auch die anderen Dorfbewohner scheinen von allen Geistern der Grammatik und der Sinngebung verlassen zu sein. Sie beschimpfen etwa den Fischhändler, weil dessen Ware wie "Sneaks" rieche. Was hier passiert, verrät Obelix manchmal, indem er seinen Kumpel "Erkan, äh Asterix" nennt.

Das Münchner Komikerduo Erkan und Stefan darf sich erneut im Kino austoben und seine Proletensprache, die mit zahllosen "hippen" Anglizismen und einer bayerischen beziehungsweise türkischen Note angereichert ist, absondern. Zwei Kinofilme haben sie auf diese Weise schon bestritten, außerdem eine eigene Fernsehshow, jeweils in ballonseidene Jogginganzüge gewandet. Es gibt offenbar Bedarf an ihrer grotesk übertriebenen Darstellung der heimischen Proll-Kultur. Was das mit den Galliern zu tun hat, ist fraglich. Es gibt eine lange, bis in die Gegenwart reichende Tradition deutscher Komödien, die Dialekt als witzig verkaufen wollten: bayerisch, sächsisch, norddeutsch, rheinisch, je nach benötigtem Klischee. Auch ausländische Komödien versuchte man oft, mittels dialektlastiger Synchronfassungen Synchronfassungen in den deutschen Sprachraum zu retten – und zerstörte sie dadurch fast immer. Hier ist es nicht anders. Weder haben die Gallier in den Comics je eine andere Sprache als die Römer gesprochen, außer wenn diese in gelehrten lateinischen Sprüchen daherredeten, noch wurden sie je besonders "hip" dargestellt, und schon gar nicht als Prolls. Der Ansatz von Erkan und Stefan geht weiträumig am Ansinnen von Goscinny und Uderzo vorbei, das schlichte Lebenslust und kauzigen Charme dem Militarismus Roms (und auch Berlins) entgegensetzte. Mit der Neufassung ist den Gallier- Freunden sicher nicht gedient; ob die Anhänger des Duos den Versuch honorieren, ist ebenfalls zu bezweifeln.

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