Junimond

Deutschland 2001/2002 Spielfilm

Junimond

Eine Liebe in Paderborn



Rudolf Worschech, epd Film, Nr. 10, Oktober 2003


Es gehört eine große Meisterschaft dazu, von den kleinen, den alltäglichen Dingen des Lebens zu erzählen. Ohne dass es peinlich wird. Rudolf Thome kann das, manchmal, und wer einmal Hanns Zischlers Frage an Sabine Bach "Kann ich Dir beim Zwiebelschneiden helfen?" in "Berlin Chamissoplatz" gehört hat, wird sie so schnell nicht vergessen. Auch in "Junimond" geht es um die kleinen Dinge des Lebens, darum, wie man Cannelloni zubereitet zum Beispiel, und Hanno Hackfort hat sie in seinem Film ohne jeden Zwang zur Bedeutsamkeit in Szene gesetzt.

Paul (Oliver Mommsen) und Nele (Laura Tonke) leben in einem Wohnblock in Paderborn. Von ihren Fenstern können sie sich sehen. Paderborn ist eigentlich kein Ort für eine Liebesgeschichte, dahin verschlägt es einen, wenn man weg will und mit dem Finger auf die Landkarte tippt. Wie Paul, ein ehemaliger KFOR-Soldat, der den Selbstmord eines Freundes nicht verkraften kann und nun als Computer-Sicherheitsberater Fuß zu fassen sucht. Er beobachtet Nele, die Kindertherapeutin, in der Wohnung gegenüber, die wie er allein lebt. Auch sie schleppt etwas mit sich herum, eine zerbrochene Liebe, eine schwierige Beziehung zu den Eltern.

Zwei Leidende, Einsame, die sich finden – von der Handlung her klingt "Junimond" ziemlich stereotyp. Aber der Film ist genau das Gegenteil, voller Einfälle und kleiner Beobachtungen. Paul und Nele kommen sich näher, indem sie mit Filzstift beschriebene Blätter ans Fenster halten. Das Faszinierende geschieht aber auf der Tonebene. Es gibt so etwas wie einen Erzähler und Kommentator, Paul selbst, an den man sich erst einmal gewöhnen muss. Hackfort spielt mit den Dialogen, die in andere Bilder hineinreichen oder sich mit der Stimme des Kommentators mischen. Manchmal auch blendet er die Gespräche zwischen den beiden ganz aus, lässt nur die Bilder sprechen, mit den zögerlichen Gesten der Verliebtheit. Oder er wiederholt Szenen, aus verschiedenen Perspektiven, führt Varianten vor.

Wenn mehr als ein Mensch im Raum ist, könnte es der Beginn von Freundschaft sein, sagt Paul einmal. Aber es ist der Beginn vom Ende, sagt er auch. Aus der gegenseitigen Hilfe zwischen den beiden wird schließlich Liebe, eine ganze Stunde lässt sich der Film dafür Zeit, und diese Liebe trägt ihr Ende auch schon in sich: Ein Arzt diagnostiziert fortgeschrittene Leukämie bei Paul. Schnell wird es mit ihm zu Ende gehen: "Junimond" kostet nie die Gefühle aus, die er beschreibt. Einmal fahren die beiden noch Richtung Frankreich, in einem Citroen DS. Aber nicht einmal dieser Traum von Paul lässt sich verwirklichen.

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