Die Bande des Schreckens
Die Bande des Schreckens
Fred O. Neger, Film-Echo, 02.07.1960
Ein Toter kann nicht morden. Das sagt einem der sogenannte "gesunde Menschenverstand". In der Frage aber, ob diese Erkenntnis stimmt oder nicht, liegt die raffinierte Faszination der Edgar-Wallace-Story, nach der dieser deutsche Krimi-Film gedreht wurde. Zu Beginn steht die Hinrichtung des Verbrechers, der in der Todeszelle allen daran "Schuldigen", dem Inspektor, dem Richter, dem Staatsanwalt und dem Henker, seine blutige Rache ankündigt. Mit höchster Präzision erfüllt sie sich. Nach einer im leeren (!) Sarg des Toten (?) aufgefundenen Liste muß einer nach dem andern der Bedrohten tatsächlich sterben. Nur der Chefinspektor, von der Mordserie zu erhöhter Tätigkeit angestachelt, bleibt am Leben, um schließlich doch noch des schrecklichen Rätsels verblüffende Lösung zu finden.
Als Mörder kommen viele in Betracht. Harald Reinls sichere, zügige und wohlpointierte Regie hat es verstanden, alle Ingredienzien des typischen Wallace-Milieus optisch zu realisieren. Die rätselhafte Gruselstimmung, der Ungewisse, vielseitige Verdacht, genährt durch seltsame Andeutungen, das Anwachsen der Spannung von Mordfall zu Mordfall und das Hinauszögern der Lösung des anscheinend unentwirrbaren Knotens bis zur effektvollen, überraschenden Schlußszene, das alles ist da. Auch jener schwer nachzuahmende Schuß trockensarkastischen, angelsächsischen Humors, weshalb man von dem wahren Glücksfall einer deutschen Verfilmung des stockenglischen Vorwurfs sprechen kann. Dabei enthält das Drehbuch so köstliche aktuelle Aphorismen, wie diesen: "Was wäre Britannien ohne seine Photographen!" – Nicht minder gelungen ist die Besetzung. Joachim Fuchsberger, nun schon mit leicht angegrauten Schläfen, ist ein männlich-sympathischer Chefinspektor mit Draufgängertum, Mut, List und - Liebesglück. Karin Dor verkörpert es mit Charme und Ausdruck. Daß in den weiteren Hauptrollen so profilierte Kräfte wirken wie Elisabeth Flickenschildt, Fritz Rasp und E. F. Fürbringer, daß aber auch jede Charge ein "Gesicht" aufweist, das gibt dem Film sein erfreuliches Format. Es gilt erneut der altbekannte Slogan: ei ist unmöglich, von Edgar Wallace (in dieser Verfilmung) nicht gefesselt zu sein!