Hoffmanns Erzählungen

Deutschland 1916 Spielfilm

Hoffmanns Erzählungen


Der Kinematograph, Nr. 479, 1.3.1916


Es gibt doch immer wieder Filme, deren Erstaufführung man mit ganz besonderer Spannung erwartet, sei es, daß der Name eines berühmten Mitwirkenden interessiert, sei es, daß vorher über technische Neuheiten geheimnisvoll gesprochen wird, die man nun kennen lernen will, oder sei es endlich ein künstlerisch bedeutsames Motiv, das die Inszenierung rechtfertigt. Über den neuen Film "Hoffmanns Erzählungen" von Fritz Friedmann-Frederich und Richard Oswald (Richard Oswald-Serie) waren die verschiedensten Gerüchte im Umlauf, und ich müsste von der Wahrheit abweichen, wollte ich sagen, daß sie einen günstigen Schluß auf das Gelingen dieses Films zuließen. Alles Gerede und Miesmacherei! Die Uraufführung im "Marmorhaus" war für diejenigen, die ihren E. T. A. Hoffmann kennen, die Offenbachs Schwanengesang lieben, die aber auch die Bedeutung des Kinematographen für die Kunst zu würdigen wissen, ein Ereignis. Daran wird auch dadurch nichts geändert, daß irgend ein Kritiker in einer Tageszeitung glaubt, eine so ernste künstlerische Arbeit mit Schnoddrigkeit abtun zu können. Es handelt sich unbedingt um eine künstlerische Arbeit, die der Anerkennung wert ist. Hoffmanns Persönlichkeit, seine phantastischen Schriften, schreien förmlich nach der Verfilmung. Die Verfasser haben sich bei ihrem Tun von dem Gedanken leiten lassen, die auch dem Eingeweihten nicht ganz verständliche Handlung des Offenbachschen Buches klarer zu gestalten. Sie zeigen uns den jungen Hoffmann, dem im Hause seines Onkels alle diejenigen Personen bekannt und ihm feindlich gesinnt werden, die dann später in seinen drei Liebesgeschichten als böse Dämonen auftreten. So erkennt er jedesmal ihr Erscheinen gleichsam als eine Strafe für sein Verhalten im Hause des Onkels an. Auch die Einführung der Mutter Antonias, die gleich ihrer Tochter an der Liebe zum Tanz und nicht wie bei Offenbach zum Gesang, zugrunde geht, zeugt von großem Geschick. Würdigt man hiermit den literarischen Gehalt des Films, so muß man andererseits auch der Inszenierung das größte Lob spenden. Der Regisseur verlegt die Handlung in das altertümliche Jena und hat dadurch günstige Gelegenheit, vielen Szenen auch einen geheimnisvollen äußeren Rahmen zu geben. Da er seinen Künstlern, unter denen sich die Damen Ronay, Ridon, Käte Oswald, Alice Scheel-Hechy, Thea Sandten, Resel Orla und die Herren Wolowsky, Krauss, Kühne, Pick, von Horn, Ferdinand Bonn, Pittschau und in der Titelrolle Erich Kaiser-Titz befinden, die rechten Masken und ein die Handlung klar darlegendes Spiel gegeben hat, konnte die große tiefgehende Wirkung nicht ausbleiben. Und was man im Lichtspieltheater so selten erlebt, hier trat es ein, nach jedem Akt wurde lebhaft applaudiert. Gewiß, auch die Mitwirkung der Musik hat zur Erhöhung des Eindrucks beigetragen, um so mehr als die Offenbachsche Hoffmann-Musik sehr geschickt von Direktor Goldschmidt eingerichtet ist und vom verstärkten Orchester unter Leitung des Kapellmeisters A. Wolfheim außerordentlich feinfühlend und stilgerecht gespielt wurde.

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