Nackt unter Wölfen
Nackt unter Wölfen. Ein nationales Filmereignis
Legitimation eines Films Die grassierende Unsitte, Filme in thematische Schubkästen einzusortieren und – je nach Befund – Opulenz oder gähnende Leere zu konstatieren, macht vor keinem filmischen Kunstwerk halt. "Nackt unter Wölfen" scheint mit dem Etikett des ersten deutschen KZ-Films versehen zu werden. Die Voraussetzungen eines solchen Schubladendenkens stimmen nicht: Es gibt nicht den KZ-Film. Die Transponierung der faschistischen Höllen auf die Leinwand, nach 1945 unter den verschiedensten ideologischen und künstlerischen Vorzeichen erfolgt, ist 1963 nur legitim, wenn sie aus der politischen und geistigen Situation der 60er Jahre ihren künstlerischen Ausgangspunkt bezieht. Waren Filme wie "Die letzte Etappe" in ihrer angestrebten Authentizität Appelle an das Weltgewissen, an eine aus dem faschistischen Krieg gerade entlassene Generation, geht es 1963 nicht mehr um geschichtliche Reminiszenzen. Die Filmschaffenden sehen sich konfrontiert mit "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch". Dies nicht zu berücksichtigen ergäbe eine gefährliche Halbwahrheit beim Aufgreifen der KZ-Thematik, böte sogar die Möglichkeit des Alibis für die Gegenwart. Das Etikett KZ-Film selbst sagt also nichts über die politische und künstlerische Legitimation eines Films.
"Nackt unter Wölfen" ist jedoch nicht einfach das Schließen einer thematischen und künstlerischen Lücke. Die Konzeption dieses Films beruht auf der politischen Notwendigkeit, 1963 einen solchen Film zu machen. 1945 ist mit den geschichtlichen Erfahrungen der verflossenen achtzehn Jahre gesehen, mit dem Wissen um Weg und Ziel der deutschen Nation. Und daraus erwuchs letztlich die Pflicht von Filmschaffenden des deutschen Staates des Humanismus und des Sozialismus, das Geschehen auf die Leinwand zu bringen.